Frankens fröhliches Flanierfestival

14.10.2018, 20:44 Uhr
Frankens fröhliches Flanierfestival

© Foto: Roland Fengler

Was passiert wäre, hätte wie im vergangenen Jahr ein Eisregentaifun die Straßen leergefegt, will man lieber gar nicht wissen. Nichtsdestotrotz scheint das verflixte siebte Jahr unbeschadet überstanden zu sein, und auch die große Neuerung, die der 2017er Wind ins kulturelle Nürnberg getragen hat, hat dem liebgewonnen Konzept keinen Abbruch getan.

Vielleicht sogar ganz im Gegenteil: Während bislang das Künstlerhaus als bequeme Dame in der Mitte des Geschehens thronte, musste dieser wärmende Schoß wegen des allseits bekannten Umbau-Szenarios verlassen und Ersatz gebastelt werden.

Mit Fränk’ness, KORN’S, Kantine und allem voran dem Heilig-Geist-Saal ist das ziemlich gut gelungen, wenngleich hier und da gewisse Anfangsschwierigkeiten für Unmut sorgten. Aber auch ein alter Spitalsaal ist noch lernfähig, und so darf man zugleich nachsichtig wie zuversichtlich sein, dass er sich noch zum patenten Festivalhost mausert.

Diesen Prozess müssen andere nicht oder nicht mehr durchlaufen, sperren einfach Türen und Anlagen auf und geben sich ganz dem Abend hin. Der ist, wie man mit blinder Sicherheit längst weiß, bunt. Vielschichtig. Überraschend. Freundlich. Abwechslungsreich. Abenteuerlich.

Rund die Hälfte der geladenen Musiker, die zwischen Klarakirche und Adina Hotel, PostPunk und Hiphop-Jam, zwischen Harlem und Hinz x Kunz, Elektro und Liedermacher die Fensterscheiben, Ohren und Herzen zum Klingen bringen, sind mittlerweile aus der regionalen Musikszene akquiriert, um sich unter dem Projektnamen "Startschuss" präsentieren zu können.

Ein Angebot, das freut Veranstalter David Lodhi, das "super angenommen wird." Super ausgesucht hat das kulturschaffende Triumvirat Lodhi, Eckert, Wurm auch den Rest des Line-Ups. Mit Antifuchs hiphoppen sich zwei Powerladys die Seele aus dem Leib und die Protestfinger im Hinz x Kunz in die Luft, Back to Present bieten lässigen Trap-Beat mit satten Bässen im Rosi Schultz. Bei Yukno wird gutgelaunt das Indie-Stereo zertanzt, was auch den Herren von Fil Bo Riva mit großer Leichtigkeit und — klang- wie publikumsseitig — bester Resonanz im Heilig-Geist-Spital gelingt, so dass die Stimmung sogar draußen vor der Tür überraschend gelöst ist.

Frankens fröhliches Flanierfestival

© Foto: Roland Fengler

Man spaziert einfach weiter

Wie übrigens vor allen Türen. Sei’s dem großflächigen Angebot geschuldet (zehn Gehkilometer in wenigen Stunden – kein Problem), dem Umstand, dass die jahrelange Predigt vom "Flanier- und Entdeckungsfestival" endlich Gehör gefunden hat, oder gar dem lammfrommen Sicherheitspersonal – wer wegen Überfüllung gerade nicht reinkommt, spaziert halt weiter zur nächsten Bar und zur nächsten Band. Findet sich plötzlich auf Kissen fläzend in einer spontanen A-Capella-Kooperation von The Folk’s Worst Nightmare und Me & Reas wieder.

Oder man entdeckt, dass Karin Rabhansl auch ohne Stimme Stimmung machen kann. Stolpert in die neu eröffnete Kantine und bleibt gebannt bei Zulu hängen. Lernt ein Sunday Morning Orchestra kennen und sogleich auch schätzen. Wird überrascht vom Pep von Leak und überhaupt von der alljährlichen Erkenntnis: Headliner ist, was ihr draus macht. Rein in die Nacht und den Spielplan stecken lassen – und gern auch den ewigen Vergleich mit Hamburg. Nürnberg.Pop hat sich längst zur eigenständigen Marke etabliert.

 

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