Freie Bahn für die "Rollikids"

29.8.2017, 14:28 Uhr
Konrad Methfessel will einen Sportverein für behinderte Kinder gründen.

© Sabine Göb Konrad Methfessel will einen Sportverein für behinderte Kinder gründen.

Früher hat er alle möglichen Sportarten betrieben, hatte mit 60 die Fitness eines 45-Jährigen. Doch seit vergangenem Jahr sitzt Konrad Methfessel selbst im Rollstuhl. Eine neuronale Erkrankung schränkt seine Bewegungsfreiheit schnell fortschreitend gnadenlos ein. "Diagnose unklar, geht aber in Richtung ALS", sagt er trocken. "Ich war bei allen Spezialisten, aber man kann es nicht therapieren."

Doch seine Energie ist immer noch groß genug, um ein Lebensprojekt zu gründen. "Ich setze mich seit 35 Jahren für Kinder ein, und jetzt lege ich den Fokus eben auf behinderte Kinder!" Auf Teneriffa war dem 67-Jährigen aufgefallen, wie entspannt der Umgang mit Rollstuhlfahrern sein kann. In einem auf Handicaps spezialisierten Hotel traf er jugendliche Rollstuhl-Rugby-Spieler und sah, was alles möglich ist, wenn die Betreuung stimmt und die Umgebung passt.

"Dort wird man auch ins Meer getragen, wenn nötig. Es ist alles perfekt auf die Bedürfnisse abgestellt", stellt er fest. Ganz im Gegensatz zu den Erfahrungen, die viele Behinderte täglich machen. "Ich habe aus berufenen Mündern mehrfach gehört, dass junge Menschen während der jährlich ihnen zustehenden Reha aus dem Rollstuhl gezerrt werden, um dann vier Wochen später völlig frustriert mit dem sicheren Wissen nach Hause zu gehen, dass sie nie mehr gehen werden können. Ihre Fähigkeiten dagegen werden nicht gefördert. Das steht nicht im Programm."

Wohlfühlen im Rolli

Die Leute dort machten es einfach besser als alles, was er bis dahin als Rollstuhlfahrer kennengelernt hatte. Und dann traf er den Vorstand des Vereins "Rollikids", der die deutschen Rugby-Spieler betreute. "Der bringt den Heranwachsenden bei, wie man sich im Rollstuhl wohlfühlen kann und nicht an Bordsteinkanten verzweifelt", erinnert sich Methfessel.

Doch die "Rollikids" haben noch keine Dependance in Nürnberg. Und das soll sich jetzt ändern. "Der Verein kümmert sich bundesweit um etwa 1600 Rollikids in 100 Vereinen, Nürnberg ist bis jetzt ein weißer Fleck auf der Landkarte. Das kann nicht sein!"

Gemeinsam mit der Lebenshilfe, dem Deutschen Rollstuhl-Sportverband und der Aktion Mensch will er Eltern zur Vereinsgründung ermutigen und auch unterstützen. Denn bei ihm haben inzwischen etliche Eltern angerufen, deren behinderte Kinder gerne Sport machen würden, aber in Nürnberg nur vereinzelte Angebote finden.

Suche nach Kindern

Als Unternehmer führte der gelernte Elektriker Konrad Methfessel den väterlichen Betrieb fort, verkaufte ihn vor einigen Jahren und gründete mit seinem Vermögen eine eigene Stiftung. Und daher soll die Vereinsgründung nicht am Geld scheitern. "Ich suche drei Kinder, die im Rollstuhl sitzen und ihre Eltern, um mit ihnen den Verein zu gründen", erklärt er sein Ziel für den 14. Oktober.

An diesem Tag sollen nicht nur die Rollikids Nürnberg aus der Taufe gehoben werden, sondern mit einem Schnupperkurs für Kinder und Jugendliche der sichere Umgang mit dem Rollstuhl spielerisch geübt werden. "Es geht um mehr als Sport," weiß Methfessel aus eigener Erfahrung. "Es geht um Sport, Spaß und echte Inklusion, nicht nur punktuell in der Schulbank. Es geht um Mobilität mit Rollstuhl, Aktivität durch Spiel, Sport und Bewegung, und um ein selbstbestimmtes Leben – mit und ohne Assistenz."

Schnupperkurs am 14.10. von 10 bis 15 Uhr, Sporthalle im Pädagogischen Zentrum Bertha-von-Suttner-Straße 21, 90439 Nürnberg, Anmeldung unter Hoehn@lhnbg.de, Telefon: 58 79 37 80

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