Fundstücke aus Alt-Nürnberg

10.12.2011, 15:45 Uhr
Fundstücke aus Alt-Nürnberg

© Ralf Rödel

Normalerweise ist das mächtige Eingangstor fest verschlossen, hier hat niemand Zutritt. Doch eigens für die Leser der Nürnberger Nachrichten öffnet Claudia Vorwerk vom städtischen Hochbauamt die ungewöhnliche Schatzkammer. Auf rund 400 Quadratmetern — verteilt auf zwei Stockwerke — liegen schmiedeeiserne Gitter, barocke Gartenfiguren und eine riesige Kopie der Sigena-Urkunde (in der Nürnberg als „Norenberc“ erstmals schriftlich erwähnt ist, das originale Dokument datiert von 1050).

Die Mitarbeiter des Hochbauamts, die für Nürnbergs „Kunst und Krempel“ zuständig sind, haben die Fundstücke thematisch zugeordnet: Die langen Gitter und Gittertore liegen an einer Stelle, Holzdielen werden an einem anderen Platz aufbewahrt, Schrauben, Beschläge und kleine Eisenteile warten fein säuberlich sortiert in einem Regal.

Doch die Herkunft liegt meistens im Dunkeln: Das Gros der Gegenstände stammt aus jenen Tagen, als das mittelalterliche Nürnberg kurz vor Kriegsende fast vollständig zerstört wurde. Historische Baustoffe (oder Teile davon), die nicht verbrannt oder durch die Bomben vernichtet wurden, hat man eingesammelt und bis heute aufbewahrt. Allerdings wurde damals nicht verzeichnet, von welchen Anwesen sie exakt stammen.

Ursprünglich war an ein Recycling der Türbeschläge und Holzdielen in den verbliebenen mittelalterlichen Anwesen der Altstadt gedacht. Immerhin 240 Häuser haben Bomben und Feuersturm sowie den Abriss in der Nachkriegszeit überstanden. Doch es ist schwer bis unmöglich, die richtigen Stellen für die Maßarbeiten zu finden. Und Abschneiden oder Zurechtbiegen von kunstvoll geschmiedeten Gittern ist keinesfalls gewollt. Daher haben die meisten Einzelteile das Lager bis heute nicht verlassen.

Nur selten gelingt es, eines der Prunkstücke angemessen zu präsentieren — wie etwa den Dacherker auf dem Haus Hauptmarkt 9, in dem sich auch die traditionsreiche Buchhandlung Korn & Berg befindet. Das über 110 Jahre alte Bauteil war einst Krönung des Gasthauses „Seerose“ am Dutzendteich, das für den Straßenbau abgebrochen wurde. Den Erker, der in der Denkmalschutz-Dependance am Hafen zwischengelagert wurde, hat man 2001 am neuen Standort verankert — ein Tipp der Altstadtfreunde, denn am Hauptmarkt 9 gab es bis zum Zweiten Weltkrieg einen Erker.

Die Altstadtfreunde sind neben einigen wenigen Privatpersonen die Hauptabnehmer der geschichtsträchtigen Kostbarkeiten. Schließlich geht es darum, so viel authentische Substanz in den verbliebenen mittelalterlichen Häusern Nürnbergs zu erhalten, wie es nur möglich ist. Übrigens: Die Stadt gibt die Ersatzteile als Leihgaben kostenlos ab, falls sie in die denkmalgeschützten Altstadt-Anwesen passen.

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