Galeriestreifzug: Von der ewigen Bedeutung des Realen

25.1.2015, 21:44 Uhr
Galeriestreifzug: Von der ewigen Bedeutung des Realen

© Foto: Eduard Weigert

Im 20. Jahrhundert gab es immer wieder Perioden, in denen man auf dem Gebiet der Kunst nur noch das Geistige (Ideen und Konzepte) als zeitgemäß anerkennen wollte. Doch das Verlangen nach Bildern vom sinnlich Nachprüfbaren war den Künstlern und Kunstliebhabern auf Dauer nicht auszutreiben.

So hat zum Beispiel der in Nürnberg lebende Maler Günter Paule lange Jahre in einer technisch sehr ausgefeilten Art und Weise poetisch-abstrakte Formen auf seine Leinwände gebracht, bevor er zur Natur als Vorbild zurückgekehrt ist. Im Kunstkontor präsentiert er jetzt eine umfangreiche Rückschau auf das seither Geschaffene.

Paule gestaltet seit einigen Jahren fast ausschließlich Bäume und Wälder. Der Wald fasziniert ihn als ein geschlossenes Ökosystem, aber auch als Schauplatz geheimnisvoller Mythen und Märchen. Da ist „etwas Emotionales im Spiel“, sagt er. Mittlerweile kennt er in der Umgebung von Nürnberg alle Orte, an denen die Bäume noch weitgehend wild wachsen, wuchern und auch vergehen können. Dort zeichnet und fotografiert er das Dickicht aus Laub- und Nadelgehölz, Moosen und Flechten, um aus diesen Skizzen im heimischen Atelier seine Bilder zu komponieren.

Diese endgültigen Darstellungen sind dann nicht eigentlich gemalt, sondern in einer Art Scraffito-Technik ausgeführt. Dabei wird mithilfe von unterschiedlich starken Schleifmaschinen das Motiv aus einer dicken Schicht von 30 bis 40 verschieden farbigen Grundierungen „herausgekratzt“. Die Wirkung ist durchweg erstaunlich. Obwohl Paule seine oft fast grellen Acryl-Farben bewusst antinaturalistisch einsetzt, hat der Betrachter seiner Bilder den Eindruck, wirklich und wahrhaftig „im Wald“ zu stehen.

Galeriestreifzug: Von der ewigen Bedeutung des Realen

© Foto: Galerie

Während Günter Paule deutsche Romantik mit US-Pop-Art verbindet, fühlen sich die Teilnehmer der neuen Ausstellung in der Galerie Atzenhofer eher als Nachfahren der europäischen Genre-Malerei des 19. Jahrhunderts. Unter dem durchaus selbstkritischen Titel „Idealisierung & Manipulation“ zeigen fünf zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler ihre Malereien im mehr oder minder fotorealistischen Stil.

Eine echte Meisterin dieser Richtung ist die Nürnbergerin Jo Niklaus, die mit einer Reihe von gemalten „Augentäuschungen“ vertreten ist. Sie arbeitet in klassischer Lasuren-Technik und trägt die Farben mit feinsten Pinseln auf. Sie setzt Vergrößerungsgläser ein, um auch noch die winzigsten Details ihrer Motive möglichst naturgetreu gestalten zu können. So entstehen auf der Malfläche perfekte Abbilder, Schein-Realitäten und Illusionen von Dingen. Besonders gelungen sind ihre elegant und delikat arrangierten Briefmarken, Briefe, Bücher und toten, aufgespießten Schmetterlinge.

Überhaupt eignen sich „tote“, zu Still-Leben zusammengestellte Sachen am besten zur Darstellung in der Art des Hyper-Realismus. Das zeigen auch die (nicht selten symbolisch aufgeladenen) Bilder von historischen Küchen-Geräten, Schreibmaschinen und Stühlen, die Stefan S. Schmidt zeigt, oder die Detail-Studien von schweren Motorrädern, mit denen Günter Meisel glänzt.

Zu Still-Leben erstarrt und daher — trotz technischer Raffinesse — insgesamt oft weniger überzeugend sind die Porträts, Figuren, Landschaften und Städte-Ansichten in der Ausstellung. Lediglich zwei Abend-Stimmungen aus der Serie „In the Cities“ von Claus Delvaux erreichen die angestrebte atmosphärische Wirkung.

 

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