Gesundes Kinderessen in Gaststätten: Eltern sehen keinen Bedarf

25.3.2019, 06:00 Uhr
Gesundes Kinderessen in Gaststätten: Eltern sehen keinen Bedarf

© Foto: Michael Matejka

Nico und Luca haben heute Papa-Tag. In wenigen Wochen kommt das dritte Geschwisterchen, da gönnen die Männer der Familie der Mama gerne ein bisschen Ruhe. Das Trio sitzt deshalb heute nicht am heimischen Esstisch, sondern im Bratwurst Röslein – und hat mächtig Kohldampf. Auf Bratwürstchen hatten die beiden Jungs, zwei und drei Jahre alt, Appetit – ein Wunsch, den Papa Jann Traschewski ihnen gerne und bedenkenlos erfüllt. "Wir kochen daheim viel und gesund. Da ist es in Ordnung, wenn sie heute mal Bratwürste und auch Pommes essen", sagt er.

Denn für Traschewski, der von der Forderung nach gesünderen Kinderspeisekarten in Restaurants von Ernährungsministerin Julia Klöckner nur am Rande etwas mitbekommen hat, sind es nicht die Gastronomen, die in Sachen Ernährung den erzieherischen Part zu übernehmen haben: "Wenn ich sehe, was manche Kinder in der Kindertagesstätte von ihren Eltern zu essen mitgegeben bekommen, dann sollte man vielleicht erst einmal da genauer hinsehen."

Thomas Förster, Chef des Bratwurst Rösleins, sieht das ganz genauso und ist sogar ziemlich sauer auf Klöckner und auch auf die Anfang Februar veröffentlichte Studie, die den Stein erst ins Rollen brachte. Das Ergebnis: Rund vier von fünf der knapp 2000 untersuchten Speisen in Gaststätten seien aus ernährungswissenschaftlicher Sicht schlecht für den Körper. Zu viel Fett, zu wenig Vollkorn, zu viel rotes Fleisch, zu wenig Vitamine. "Das hat mit der Realität nichts zu tun", sagt Förster. Auf der Kinderkarte des Bratwurst Rösleins fänden sich neben Kinderschnitzel und Pommes auch ein Teller mit frischem Gemüse, Suppen oder Baggers. "Dazu kommt das Essen, das wir anbieten, fast ausschließlich aus der Region. Und Kinder werden nicht krank oder zu dick, wenn sie alle zwei Wochen mal in einem Lokal ein Kinderschnitzel essen", sagt der Gastronom, der gleichzeitig Vizepräsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga ist.

Nahezu alle seine Kollegen dort hätten auf das Thema mit ebenso wenig Verständnis reagiert, betont Förster und sieht nicht seine Berufsgruppe, sondern nach den Eltern auch die Schulen in der Pflicht: "Das Thema Ernährung gehört auf den Stundenplan. Die Kinder lernen nicht, was es bedeutet, sich gesund zu ernähren, welches Essen gut ist, welches schlecht, wo man gesunde Lebensmittel kauft. Das wäre wichtig."

Vegetarisches will kaum jemand

Ähnlich sieht das Peter Noventa, bei dem tagtäglich zig Kinder ein- und ausgehen. Noventa betreibt seit über 20 Jahren das Restaurant "Waldschänke" im Nürnberger Tiergarten. Sein Lokal ist biozertifiziert. Das Fett, in dem die Pommes gebacken werden, wird ständig kontrolliert und neben Kinderschnitzel stehen auf der Speisekarte auch Salat oder Ofenkartoffeln. "Ich denke, eine Auswahl in bester Qualität zu bieten, ist das, was wir als Wirte beitragen können. Was Kinder am Ende essen, ist die Entscheidung der Eltern", sagt er. Und auch er wünscht sich, dass das Thema Ernährung in den Schulen einen festen Platz bekommt. "Die Kinderspeisekarten zu reglementieren wäre doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein", findet Noventa.


Fürther Wirte: "Wir sind keine Erzieher"


Komplett auf eine eigene Kinderkarte verzichtet Ursula Meister, Chefin der Frankenstube in der Nürnberger Nordstadt. "Bei uns gibt es Kinder-Portionen von jedem Gericht und keine Pommes", sagt sie. Vegetarisches Essen geht bei den jungen Gästen ganz wenig, weiß die Gastronomin: "Leider. Wir haben nämlich sehr viele vegetarische und vegane Gerichte auf der Karte."

Außerdem beliefert das Team der Frankenstube auch Kindergärten und eine Schule in der Region mit Essen. "Leider essen auch dort die Kinder lieber Fleischgerichte, als vegetarisch. Mir tut es im Herzen weh, wenn wieder die leckeren Linsenbratlinge übrig bleiben", sagt Meister. Hühnchen gehe dagegen zum Beispiel immer. "Ich denke, dass vielen Kindern ein falsches Essverhalten vorgelebt wird." Es sei daher grundsätzlich nicht verkehrt, dass sich die Bundesregierung darum kümmern wolle, dass Kinder sich vernünftig ernähren. "Die Realität sieht eben leider anders aus", sagt Meister.

Freie Auswahl für Melissa und Catharina

Marcella und John Litjens gehen mit ihren Töchtern Melissa und Catharina, sechs und acht Jahre alt, etwa einmal pro Woche in einem Lokal essen. Die beiden Mädchen dürfen sich dann frei aussuchen, was sie bestellen wollen. "Mir wäre Gemüse natürlich lieber, aber wenn es Pommes sind, dann sind es eben Pommes", sagt Mama Marcella. Auch an diesem Tag haben sich die beiden für Schnitzel und Pommes entschieden – die halbe Portion Pommes liegt allerdings noch auf dem Teller. Der Papa erklärt: "Wir sagen unseren Kindern immer, dass sie nicht aufessen müssen, wenn sie satt sind. Lieber bleibt etwas liegen, als dass Kinder sich mit Essen vollstopfen. Auch das ist Ess-Erziehung – und ganz klar Elternsache."

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