"Gottlose Maler" im Albrecht-Dürer-Haus

17.5.2011, 20:29 Uhr

Die Herren sind nicht sehr bekannt in der Stadt. Andererseits gelten sie in Fachkreisen als ziemlich berühmte Künstler. Manche sortieren ihre Qualität dicht hinter der von Albrecht Dürer ein. Zwei könnten sogar seine Schüler gewesen sein. Trotzdem hat sich die Stadt kaum mit ihren Namen und Werken geschmückt. Da kann doch was nicht stimmen.

Da stimmt auch was nicht. In der Ausstellung kann man erahnen, warum. In einer Vitrine sind Prozessakten ausgelegt, eine Schrifttafel informiert karg über die Hintergründe. Im Januar des Jahres 1525 waren die Nürnberger Brüder Barthel und Sebald Beham und der wahrscheinlich aus Breslau zugewanderte Georg Pencz (der in der Ausstellung als Künstler nicht vorkommt) der Gottlosigkeit angeklagt. Sie wurden in die Lochgefängnisse geworfen und dort verhört, einmal sogar in der Folterkammer, im Anblick der Torturwerkzeuge. Schließlich wurden sie zu Verbannung verurteilt. Am 26. Januar 1525 warf man sie aus der Stadt.

Die Frage nach der Religion

Wessen hatten sie sich schuldig gemacht? Ganz einfach: Sie hatten sich an den Diskussionen um das heißeste Thema beteiligt, das damals die Nürnberger umtrieb. Die große Frage in allen Kneipen und auf allen Gassen lautete: Wie hältst du’s mit der Religion?

1517 hatte Martin Luther in Wittenberg seine berüchtigten Thesen gegen den Ablass veröffentlicht. Die waren in Nürnberg besonders gut angekommen. Die Bürger, vor allem aber die Obrigkeit der Stadt neigten den lutherischen Ideen zu. Einige der besten Freunde des Reformators saßen im Rat. Und selbstverständlich verliefen die Argumentationslinien in der Stadt hauptsächlich zwischen den „Altgläubigen“, die Rom und der Papstkirche zuneigten, und den Lutherischen mit ihren Neuerungen.

Es gab aber auch in Nürnberg Gruppierungen, denen Luthers Reformation nicht weit genug ging. Schließlich war damals, was den Glauben angeht, vieles im Fluss. Eine ungeklärte Frage war zum Beispiel, ob man in Kirchen Abbildungen dulden sollte oder nicht. Eine andere galt der Gültigkeit der Kindertaufe.

Eine dritte, besonders heftig umstritten, richtete sich an die Bedeutung des Abendmahls: Bloße Symbolhandlung oder Akt eines mystischen Wunders? Viel radikaler als Martin Luther wandte sich zum Beispiel Thomas Müntzer von christlichen Traditionen ab. Dem Prediger wird ein (unbewiesener) Besuch in Nürnberg nachgesagt. Einer, der in Nürnberg auf Müntzers Linie lag, war der Rektor der Schule bei St. Sebald, Hans Denck.

Möglicherweise haben die „gottlosen Maler“ den Kreisen um Denck angehört. Als sie durch Denunziation vor Gericht kamen, bestanden sie jedenfalls darauf, die Realpräsenz des Leibes Jesu in der Hostie abzulehnen und die Taufe als Sakrament nicht anzuerkennen. Barthel Beham behauptete sogar, Christus sei für ihn nicht mehr als ein Mensch.

Mangelnde Demut gegen die Stadtherren

Das alles hätte für ein Urteil der Verbannung vermutlich nicht ausgereicht. Doch die Künstler ließen Demut gegen die Stadtherren vermissen. Frech sagten sie, sie würden keine Obrigkeit anerkennen außer Gott. Da reagierte die Nürnberger Obrigkeit heftig. Ihre Autorität wollte sie sich nicht untergraben lassen. Den Malern wurden die Stadttore verschlossen.

Sehr lange hat die Verbannung allerdings nicht gedauert. Im November 1525 wurde die Strafe aufgehoben. Inzwischen hatte auf der Burg das so genannte „Religionsgespräch“ stattgefunden. Nürnberg hatte sich der Reformation endgültig angeschlossen. Und der Rat sorgte dafür, dass in der Stadt nur noch lutherische Positionen erlaubt waren, keine katholischen und erst recht keine „linksradikalen“ (Hans Denck wurde lebenslang verbannt). „Die Gottlosen“ hielten nach ihrer Rückkehr still.

Zuletzt hat die „Gottlosigkeit“ der Karriere der Künstler nicht geschadet. Barthel Beham ging nach München und wurde zum viel beschäftigten Hofporträtisten der Wittelsbacher. Sein Bruder Sebald wurde ein berühmter Buchillustrator in Frankfurt. Georg Pencz wirkte weiter in Nürnberg und reiste nach Italien. Ihm wird das Deckengemälde im Hirsvogelsaal zugeschrieben.

Die Nürnberger Obrigkeit ist allerdings ziemlich gnadenlos geblieben und hat die „gottlosen Maler“ der Vergessenheit preisgegeben.

Zwar gibt es eine Penzstraße im Stadtteil St. Johannis. Doch die Beham-Brüder waren bisher sträflich vernachlässigt in der Stadt. Mit deren Rat sollte man sich tunlichst nicht anlegen.

Die Ausstellung „Die gottlosen Maler von Nürnberg“ im Graphischen Kabinett im Albrecht-Dürer-Haus läuft bis 3. Juli. Geöffnet Di.–Fr. 10–17 Uhr, Do. 10–20 Uhr, Sa. und So. 10–18 Uhr



 

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