Hässliches Nürnberg: "Gestaltungshandbuch" soll helfen

18.7.2017, 06:00 Uhr
Einheitliche Mülleimer und durchgängiges Granitpflaster. Nürnbergs öffentlicher Raum soll sich ähnlicher werden.

© Andreas Franke Einheitliche Mülleimer und durchgängiges Granitpflaster. Nürnbergs öffentlicher Raum soll sich ähnlicher werden.

In den nächsten Jahren soll es nach und nach besser werden, denn die Stadtverwaltung hat ein "Gestaltungshandbuch" erarbeitet, das Regeln vorgibt.

"Es ist eine Selbstverpflichtung für die Stadtverwaltung und hat keine Gesetzeskraft", sagt Baureferent Daniel Ulrich. Das Regelwerk soll Orientierung sowie Grundlage für Planungs- und Bautätigkeit im öffentlichen Straßenraum geben. Die Vielzahl von Materialien und Möblierungselementen soll begrenzt werden. Das erleichtert die Wartungs- und Reparaturarbeiten für den Servicebetrieb öffentlicher Raum (SÖR), so die Zielsetzung des Projekts.

In Ausnahmefällen kann von den Regeln auch abgewichen werden, so Ulrich. Trotzdem gilt es, die Gestaltungsvorgaben konsequent einzuhalten, aber nicht sklavisch. Ein solches Handbuch zu erarbeiten , war die Idee von SPD-Stadträtin Christine Kayser: "2008 habe ich in der Altstadt 15 verschiedene Abfalleimer gezählt. Ich hatte den Eindruck, dass jeder in der Stadtverwaltung bestellt, was ihm im jeweiligen Katalog gerade gefällt." Dass Willkür herrscht, bestätigt auch Ulrich. Der Straßenraum, seine Bodengestaltung und seine Möblierung habe aber eine erhebliche Wirkung auf die Bewohner und Besucher der Stadt. Im Idealfall schaffe es eine durchdachte Gestaltung des Straßenraums, Ruhe auf den Betrachter auszustrahlen.

Vorgaben für Material der Gehwege

Dass es so lange gedauert hat, Gestaltungsvorgaben für den öffentlichen Raum zu entwickeln, liegt nach Meinung des Baureferenten daran, dass ursprünglich für 40 Zonen jeweils individuelle Gestaltungsvorschriften entwickelt werden sollten. Das sei aber unwirtschaftlich und zu kompliziert gewesen. Am Ende blieben zehn Zonen übrig und die Vorschriften wurden "dramatisch vereinfacht".

Für Kayser geht es nicht darum, dass eine Lampe oder eine Bank einem gefällt oder nicht, sondern dass es keine einheitliche Linie für die Gestaltung der Dinge und ihre Farbigkeit im öffentlichen Raum mehr gibt. Beim Verlegen von Pflaster und bei der Sanierung von Bodenflächen wird außerdem zu oft auf die vorhandene Struktur keine Rücksicht genommen. "Die Rhythmik des Pflasters hat sich völlig aufgelöst", kritisiert Kayser.

Es würde auch keine Rücksicht auf vorhandene Konzepte genommen. Sie ist deshalb sehr erfreut darüber, dass in dem Gestaltungshandbuch Vorgaben für Materialien, Verlegearten und Ausstattungselemente für Straßen, Gehwege und Plätze gemacht werden. "Gut ist, dass definiert wird, was genommen werden muss", sagt Kayser. Weitere Ziele sind, das Granitpflaster in der Altstadt zu erhalten und durch eine neue Verlegetechnik der üblichen Gehwegplatten, eine verbesserte gestalterische Qualität zu erzeugen. Laut Ulrich wurde aber auch bei den Vorschlägen für die Bodenoberflächen auf die Benutzerfreundlichkeit Rücksicht genommen, damit es keine Hürden für Behinderte gibt.

Insgesamt zehn Raumtypen werden auf 86 Seiten definiert: Schwerpunkt sind natürlich die Vorgaben für die Altstadt, die sich in den historischen Bereich und in den Bereich des Wiederaufbaus gliedern. In der Innenstadt sollen beispielsweise nach und nach die orangefarbenen Papierkörbe durch anthrazitfarbene ersetzt werden. Die Vielfalt der Parkbänke wird begrenzt.

Außerdem werden Regeln für eine gründerzeitliche Blockrandbebauung, für Siedlungsbereiche ab 1930 und ab 1990, Großsiedlungen, historische Ortskerne, für Hauptverkehrsachsen, gewerblich genutzte Gebiete und Parks sowie Freiflächen aufgestellt. Die Macher des Gestaltungshandbuchs haben sich vor allem am Kreuzgassenviertel orientiert, so Ulrich. "Nürnberg soll schön, aber einfach und nicht verkünstelt werden. Normalität ist das Ziel der Stadt."

Der Baureferent ist überzeugt, dass das Regelwerk in seinen Grundlagen für die nächsten 20 bis 30 Jahre bestehen bleibt. Im Detail solle es fortgeschrieben werden. Erarbeitet wurde das Regelwerk von der Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Büro Snow, Landschaftsarchitekten aus Karlsruhe. In dieser Woche soll es der Stadtplanungsausschuss beschließen.

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