Herausforderung Mensa-Essen: Der Trend geht zu "Veggie"

1.6.2018, 05:44 Uhr
Herausforderung Mensa-Essen: Der Trend geht zu

© Claudia Müller/Studentenwerk Erlangen-Nürnberg

"Mehr Burger - und weniger Experimente bitte!", hat der Mensagast als klare Botschaft im Gästebuch hinterlassen. "Nicht so viel Fleisch", wünscht sich ein anderer. De gustibus non est disputandum, sagt der Lateiner: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Jeder hat einen anderen.

Doch wer sein Geld unter anderem damit verdient, Mahlzeiten zu verkaufen, muss sich wohl oder übel Gedanken darüber machen, was seine Kunden vorgesetzt haben wollen. Wie zum Beispiel das Studentenwerk Erlangen-Nürnberg.

Zu dessen Aufgaben zählt laut Satzung "die Versorgung der Studierenden mit hochwertigen Speisen und Getränken zu günstigen Preisen". Oder wie es Mathias Meyer, Geschäftsführer des Studentenwerks und zugleich Leiter des Teilbereichs Hochschulgastronomie, formuliert: "Essen ist eines unserer Kerngeschäfte."

Individualismus ist Trumpf

In nackten Zahlen liest sich das so: acht Mensen, elf Cafeterien und vier Café-Bars an fünf Hochschulorten in der Region. Das bedeutet im Durchschnitt 14.000 Essensgäste am Tag – während des Vorlesungsbetriebs. In der vorlesungsfreien Zeit sind es ungefähr die Hälfte.

Das Problem dabei: Die Zeiten, in denen sich eine graue Studentenmasse ebenso graue Einheitsessen auf die Teller klatschen ließ, sind längst vorbei. Individualismus ist Trumpf, auch beim Mensaessen.

Herausforderung Mensa-Essen: Der Trend geht zu

© Sabine Schlüter/Studentenwerk Erlangen-Nürnberg

Herausforderung Mensa-Essen: Der Trend geht zu

© Sabine Schlüter/Studentenwerk Erlangen-Nürnberg

Zumindest fünf Haupttypen von Essern hat eine groß angelegte Studie des Deutschen Studentenwerks identifizieren können: den körperlichen Optimierer, den schnellen Allesverzehrer, den Informierten, den Pragmatisch-Gehetzten und den streng Ethischen.

"Das ist der Maßstab, nach dem wir uns zu richten haben", sagt Meyer unmissverständlich, "schon allein aus wirtschaftlichem Interesse. Wir müssen das anbieten, was die Leute haben wollen – ohne unseren Anspruch an Qualität und gesunde Ernährung aufzugeben."

Das ist heute einfacher als je zuvor: Der frühere Glaubenskrieg um Pommes zum Beispiel – stark nachgefragt, aber auch "ungesund" – ist längst entschieden. Zu Gunsten der Pommes. Andererseits nimmt die Zahl der Studierenden, die sich ganz bewusst und gezielt ernähren, stetig zu. Und zwar jährlich um etwa 20 Prozent.

Ausschließlich vegan in St. Paul

Schon allein deshalb wird in den besonders gut besuchten Mensen am Erlanger Langemarckplatz sowie in der Regensburger Straße in Nürnberg in der Vorlesungszeit mindestens ein Essen nach dem "mensaVital"-Prinzip angeboten. "Die Besonderheiten dabei sind frische und naturbelassene Zutaten, vitaminschonende und fettarme Zubereitung, hochwertige Fette und Öle, frische Kräuter statt Aromen und Geschmacksverstärker, keine frittierten und panierten Speisen sowie möglichst regionale Produkte", zählt Meyer auf.

Das Ganze hat nicht mehr als 750 Kilokalorien (Kcal). Ebenfalls das Sahnehäubchen auf dem Angebot ist die "Veggie Zone" im Uni-Gebäude St. Paul in Nürnberg. Hier gibt es ausschließlich veganes Essen wie Grüne-Erbsen-Burger oder Kräuter-Gnocchi mit Mangold. "Unser Rezeptstamm umfasst ungefähr 200 Gerichte", sagt Küchenchef Michael Söllner.

Um die 180 Essensgäste zählt er täglich, mal mehr, mal weniger, "aber grundsätzlich wird das Angebot sehr gut angenommen". Und es überzeugt offenbar nicht nur die direkte Zielgruppe. Die Tierrechtsorganisation "Peta" hat der Nürnberger Veggie-Mensa im vorigen Jahr zum vierten Mal in Folge den Titel "vegan-freundlichste Mensa Deutschlands" zuerkannt.

Höchstwertung für das Studentenwerk

Insgesamt hatten sich 43 der 58 Studentenwerke in Deutschland darum beworben, nur sechs erhielten die Höchstwertung. "Das Studentenwerk Erlangen-Nürnberg sticht durch ein außerordentliches veganes Angebot hervor", heißt es in der Begründung.

In die Bewertung floss mit ein, dass das Studentenwerk zunehmend auch in anderen seiner Mensen vegane Gerichte anbietet. "Wir machen das ja nicht aus weltanschaulichen oder moralischen Gründen", meint Geschäftsführer Meyer. Sondern aus handfesten Überlegungen heraus.

"Massentierhaltung hat keine Zukunft"

"Die gegenwärtige Massentierhaltung hat keine Zukunft", ist Meyer überzeugt. Fleisch werde auf Dauer viel teurer werden. Da sei das frühzeitige Umsteuern auf Alternativen ein betriebswirtschaftliches Gebot.

Ein anderer Faktor ist die Internationalisierung. "Wir haben immer mehr Muslime und Hindus an den Hochschulen", sagt Meyer, "es ist unsere Aufgabe, auch denen ein passendes Essen anzubieten." Auf eine Seite des Gästebuchs hat jemand für uns völlig unleserliche Schriftzeichen gemalt. Darunter steht gekritzelt die Übersetzung: "delicious" (= köstlich)!

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