Herschelschule: »Gewalt liegt praktisch bei null«

21.5.2010, 00:00 Uhr
Herschelschule: »Gewalt liegt praktisch bei null«

© Symbolbild, colourbox.com.

Vor drei Jahren prügelte eine Schülergruppe auf einen Polizisten ein. Fortan sprach man von der »Ghettoschule in der Südstadt«. Kaum Beachtung fand, dass nur rund zwei Dutzend Jugendliche als problematisch galten, der Rest sich von Gleichaltrigen nicht unterschied. Bestraft sind die Schuldigen längst. Dennoch: Die Schüler müssen mit dem Stigma »Problemschule« zurechtkommen. Sie leben in einem Brennpunktviertel: Fast jeder fünfte Erwachsene bezieht hier Hartz IV, eine weiterführende Schule fehlt noch immer.

In der Schule aber hat sich viel verändert in den letzten Jahren. Mittlerweile bietet sie verschiedene Formen der Ganztagsbetreuung an - die Schüler selbst bereichern das Schulleben durch viele Projekte, zum Beispiel das Schulcafé »Chilli«. Schulleiter Jan Titgemeyer kann eine beachtliche Erfolgsbilanz vorweisen: »Die Gewalt an der Schule liegt praktisch bei null, gleichzeitig konnten wir die Abschlussquote verdoppeln.«

Betriebe haben Vorurteile

In der Ausbildungsbilanz jedoch schlagen sich die Veränderungen noch nicht nieder: Nur ein Viertel der Schüler bekommt direkt im Anschluss an die Schulzeit einen Ausbildungsplatz. Ein möglicher Grund: Die Betriebe wissen nichts von den vielen positiven Veränderungen, lehnen die Jugendlichen nur wegen ihrer Schule ab.

Ändern soll das die Broschüre. 14 Schüler der achten Klasse erstellten sie, unterstützt von ihren Lehrern und Siemens. Initiatoren sind sieben Mitarbeiter der Abteilung Business Network, die sich sozial engagieren wollen. Den Kontakt zur Herschelschule stellte das Zentrum Aktiver Bürger her.

Uwe Büttner, einer von ihnen, beschreibt das Vorgehen: »Zunächst überlegten sich die Schüler, was genau ihnen an ihrer Schule gefällt, was deren Stärken sind. Dann machten sie sich daran, diese zu kommunizieren.« Bei der Frage, wie dies am besten gelingt, halfen Lehrer und Unterstützer.

Bild soll sich wandeln

Als es schließlich an den Druck des Flugblatts ging und noch Geld fehlte, veranstaltete Siemens ein Kickerturnier, dessen Erlös für den Druck verwendet wurde. So konnte Büttner am Dienstag einen Scheck über 1165 Euro überreichen In der Broschüre informiert die Schule über ihr facettenreiches Angebot. Etwa die Kunst AG, das Musikklassen-Projekt oder das traditionelle Krippenspiel, um nur einige zu nennen.

Heidi Feldmeier, eine der betreuenden Lehrkräfte, berichtet: »Durch das Projekt sind die Schüler selbstbewusster geworden.« Der gute Abschluss sei ein Erfolgserlebnis für sie. »Durch das Flugblatt soll sich das Bild einer Problemschule zu dem einer innovativen, zukunftsorientierten Bildungseinrichtung wandeln«, so Titgemeyer. Er hofft, dass dies letztlich auch den Schülern bei einer Bewerbung zugutekommt.

Dass die Broschüre kein einmaliges Projekt bleibt, ist allen Beteiligten wichtig. »Es wäre schade, wenn wir unsere bisherigen Erfahrungen nicht in weitere Projekte einfließen lassen würden. Die ganze Anschubenergie ginge verloren«, sagt Büttner. Die Fortsetzung ist schon geplant, im Juni gibt es eine Werksbesichtigung bei Siemens.