Ice-Tigers-Coach Wilson: "Haben Chancen auf den Titel"

10.12.2016, 19:18 Uhr
Ice-Tigers-Coach Wilson:

© Sportfoto Zink / MaWi

Mister Wilson, wissen Sie eigentlich, was Sie mit Carlo Ancelotti, dem Trainer von Bayern München, gemeinsam haben?

Rob Wilson (überlegt lange): Gute Frage. Vielleicht wurden wir beide italienischer Meister?

Richtig. Außerdem waren Sie beide in England, Italien und Deutschland als Trainer tätig.

Wilson: Tatsächlich? Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich habe erst kürzlich seine Biografie gelesen. Die war echt spannend.

Tatsächlich? Wollten Sie sich in seinem Buch noch ein paar Coaching-Tricks abschauen?

Wilson: Nein, das nicht. Aber Carlo Ancelotti ist ein sehr guter Trainer und hatte bislang viel Erfolg in seiner Karriere. Außerdem ist mir mein CoTrainer Mike Flanagan andauernd auf den Wecker gegangen, dass ich es mir kaufen soll, weil er es lesen wollte und er selbst aber zu arm ist, sich selbst eines zu kaufen (lacht).

"Ich liebe es, Trainer zu sein"

Aber im Ernst: Ich denke, auch Ancelotti hat Bücher von anderen Leuten gelesen. Ich denke, ein guter Trainer zu sein bedeutet, nicht zu denken dass man schon alles weiß. Möglicherweise kann man gewisse Dinge oder Ideen von anderen Trainern aufgreifen und dann seine eigenen daraus machen. Egal, woher - man kann von jeder Erfahrung etwas lernen. Ich denke, das ist der Grund, warum man so etwas liest.

Wie Ancelotti waren Sie auch in Italien und England als Trainer tätig und trainieren aktuell einen Verein in Deutschland. Wo hat es Ihnen denn am besten gefallen?

Wilson: Ich habe meine Zeit in allen drei Ländern genossen. Die DEL ist natürlich der attraktivste Wettbewerb. In England hatten wir zu meiner Zeit dort auch viele Zuschauer. Und in Italien hat mir natürlich das Essen am besten gefallen (lacht).

Sie sagten einmal: "Ich glaube, ich bin Trainer, bis ich tot umfalle. Ich bin Coach mit Leib und Seele. Das ist meine Berufung." Wann entstand diese Liebe zum Trainerberuf? Schon zu Ihren Anfangszeiten in Newcastle?

Wilson: Ich habe mit 16 Jahren meine Heimat verlassen, um Eishockey zu spielen. Und ich konnte mir nie vorstellen, jemals nicht mehr Teil des Eishockeygeschäfts zu sein. Ich wusste immer, dass ich Trainer werden will. Für mich ist es keine Option, jetzt noch zehn Jahre Trainer zu sein und mich dann zurückzuziehen. Ich liebe es, Trainer zu sein. Es ist ein ganz großer Teil meines Lebens. Ich habe meine Ausbildung schon in Kanada begonnen, als ich noch gespielt habe. Den ersten Trainerkurs habe ich 1999 genommen und anschließend meine Trainerkarriere in unterschiedlichen "Coaching clinics" vorangetrieben. Als meine Spielerkarriere irgendwann endete, war es ein einfacher Übergang - ich war bereit.

Parallel zu den Newcastle Vipers trainierten Sie auch eine Zeit lang das britische Nationalteam, Sie wurden mit Sheffield Play-off-Champion und in die Hall of Fame aufgenommen. Hatten Sie in England keine Ziele mehr, oder warum gingen Sie 2010 nach Italien?

Wilson: Ich wollte mich weiterentwickeln und bekam ein gutes Angebot aus Italien. Das Team (HC Neumarkt, die Redaktion) war zu der Zeit in der Tabelle unten, aber wir haben uns nach oben gekämpft. Die Mannschaft, die ich zwei Jahre später übernahm (Ritten Sport, die Redaktion), war ein, zwei Punkte von der Relegation entfernt.

"Deutschland ist eines der besten Länder in Europa"

Ein Jahr darauf haben wir die Meisterschaft gewonnen. Danach wollte ich noch mal einen Sprung machen. Ich bin sehr froh, den Schritt nach Deutschland gemacht zu haben.

Was war denn die größte Umstellung?

Wilson: Deutschland ist abseits des Eishockeys eines der besten Länder in Europa. Es war total einfach, sich einzuleben. Was den Sport angeht, musste ich mich natürlich an die Liga gewöhnen. Ich musste die Spieler und den Staff kennenlernen. Wie wird hier gecoacht? Auch das habe ich mir genauer angesehen. Aber sonst habe ich auch in Deutschland einfach mein Ding durchgezogen.

Seit der letzten Saison sind Sie nun Chefcoach der Ice Tigers. Im vergangenen Jahr scheiterten Sie erst im Halbfinale an den Wolfsburg Grizzlys. Auch in diesem Jahr mischen Sie oben mit. Gegen den Spitzenreiter München gelang zuletzt nach einem 1:5-Rückstand noch ein 6:5. Haben Sie schon einmal ein so verrücktes Spiel erlebt?

Wilson: Ich hatte mal ein vergleichbares Spiel in Italien. Damals lagen wir sogar 1:6 hinten, kamen zurück und gewannen noch 7:6. Aber das war nicht so emotional wie das Spiel gegen München. Das war für die Spieler, die Trainer und die Fans eine besondere Nacht, vor allem, weil wir gegen den Tabellenführer gespielt haben. Aber wenn du einen starken Willen hast, kannst du auch so etwas schaffen. Und dieses Team hat einen großartigen Willen.

Sie sagten einmal: "Ich bin Trainer, um Titel zu gewinnen. Egal wo ich bin, werde ich Erfolg planen." Wie stehen denn die Chancen auf den Titel mit den Ice Tigers in diesem Jahr?

Wilson: Ich glaube, wir gehören zu den Teams, die in diesem Jahr Chancen auf den Titel haben. Wahrscheinlich gibt es sechs oder sieben, die zu diesem Kreis gehören. München natürlich, Mannheim, Köln. Aber auch noch vier andere Teams, zu denen ich uns auch zähle. Wir glauben daran, weit zu kommen.

"Team kann in diesem Jahr auf sich aufmerksam machen"

Aber es braucht einiges, um Meister zu werden. Man braucht gutes Coaching, einen guten Torwart, Leute, die zum richtigen Zeitpunkt Tore schießen, man darf keine Verletzungen haben, und natürlich brauchst du auch Glück. Nur wenn das alles zusammenkommt, hast du die Chance, Champion zu werden. Aber ich glaube wirklich, dass das Team in diesem Jahr auf sich aufmerksam machen kann.

Möglicherweise haben Sie am Ende der Saison ja eine weitere Gemeinsamkeit zu Ancelotti – dass Sie beide Deutscher Meister sind.

Wilson: Das hoffe ich. Wenn ich seinen Erfolg haben würde, könnte ich sehr zufrieden sein. Ich trainiere überall immer, um den größtmöglichen Erfolg zu haben. Nicht immer heißt das am Ende auch, den Titel zu holen. Aber man sollte immer alles geben, um sich die Chancen darauf zu bewahren.

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