Im Gespräch: Gedankenleser Christoph Kuch

23.5.2009, 00:00 Uhr
Im Gespräch: Gedankenleser Christoph Kuch

© Klaus Schrage

Herr Kuch, lieben Sie Überraschungen?

Christoph Kuch: Das kommt darauf an, ob es sich um positive oder negative Überraschungen handelt. Grundsätzlich freue ich mich darüber, dass man nicht alles im Leben planen kann.

Was zählen Sie zu den erfreulichen Überraschungen?

Kuch: Mitzuerleben, wie meine Tochter jeden Tag etwas Neues aus dem Kindergarten mitbringt und wie sie sich dabei entwickelt. Auch wenn sie manchmal Sachen sagt, die mir nicht so gefallen.

Zumindest was andere Menschen angeht, müssten Sie als Mentalist beziehungsweise Gedankenleser vor Überraschungen gefeit sein.

Kuch: Nein, auch von dieser Seite erlebe ich Unerwartetes. Bei meinen Bühnenauftritten geschieht manchmal Unvorhergesehenes, denn ich brauche Offenheit. Wenn sich jemand verschließt, habe ich weniger Chancen, seine Gedanken zu lesen. Dann kommt eben keine Verbindung zustande.

Was ist eigentlich ein Mentalist?

Kuch: Für mich ist ein Mentalist ein Mensch, der mit Hilfe verschiedener Methoden aus Psychologie, Suggestion und auch Zauberei die Leute unterhält. Übernatürliches ist bei meiner Kunst nicht im Spiel.

Sie hatten also keine Erscheinung?

Kuch: Nein, bestimmt nicht. Ich bin nicht von einem Lastwagen angefahren worden und sehe seitdem Sternchen. Ich habe keine übersinnlichen Fähigkeiten. Was ich kann, könnten nicht wenige andere Menschen, die bereit sind, viele Jahre der Übung zu investieren. Sie müssen natürlich über ein gewisses Maß an Talent verfügen.

Sie spielen aber vielleicht auf Uri Geller an, der behauptet, von Außerirdischen entführt worden zu sein. Ob er übersinnliche Fähigkeiten hat, kann ich nicht sagen. Ich respektiere aber sein Vermögen, mit einem oder zwei Routinen - das ist unser Fachbegriff für Tricks - zu Weltruhm zu gelangen.

Manche Gedankenleser inszenieren sich hochdramatisch. Denken Sie an Vincent Raven, der in einer Fernsehshow zum «Next Uri Geller« gekürt wurde.

Kuch: Ich kenne Vincent persönlich. Er ist ein netter Kerl. Ich für meinen Teil würde aber keinen Vogel heiraten wollen.

Was denken Sie über die Arbeit dieser Stars?

Kuch: Mentalismus ist nur bedingt für ein so großes Publikum geeignet. Mentalismus lebt von der Nähe zum Publikum. In meiner Show wird eine Intimität geschaffen, die vor dem Fernseher nicht möglich ist.

Wie sind Sie auf diese Kunst gekommen?

Kuch: Ich wollte von Kindesbeinen an wissen, was andere Menschen denken. Die Vorstellung, andere Leute lesen zu können, also ihnen in die Augen zu schauen und zu sehen, ob da jemand lügt oder jemand offen und ehrlich ist, fasziniert mich.

Können Augen lügen?

Kuch: Das ist ganz schwierig. Es gibt da bestimmte Indikatoren. Ein Beispiel: Wenn ich erraten soll, in welcher Hand Sie etwas halten, zeigt Ihre Nasenspitze oftmals in die entsprechende Richtung.

Können Sie Ihre Fähigkeiten auch sonst im Leben nutzen?

Kuch: Natürlich ist Menschenkenntnis immer hilfreich. Es gibt auch gute Strategien für eine erfolgreiche Gesprächsführung. Wenn ich die Körperhaltung eines Gesprächspartners nachahme, wird er mich sympathischer finden.

Gedankenlesen, der Begriff klingt ja sehr geheimnisvoll, nach übersinnlichen Phänomenen. Mal ehrlich: Geht das überhaupt?

Kuch: Ja, unter bestimmten Rahmenbedingungen ist das möglich. Ich sehe nicht in die Köpfe. Aber nehmen wir an, Sie haben einen Gegenstand versteckt. Ich umfasse dann Ihren Arm und frage nach dem Weg. Aufgrund Ihrer unbewussten Muskelbewegungen weiß ich, mit welcher Vermutung ich richtig liege. Ich ziehe also meine Schlüsse aus Ihrem Armmuskel, aber ich lese in Ihren Gedanken.

Von welcher Herausforderung träumen Sie?

Kuch: Schwierige Frage. Eine Auto-Blindfahrt würde ich gerne machen. Also mit verbundenen Augen in einem offenen Cabrio im ganz normalen Verkehr um den Plärrer herumzufahren. Unfallfrei, versteht sich. Unheimlich reizvoll wäre es aber auch, am Anfang einer Fußball-WM deren Ausgang vorherzusagen.

Und eine Assistentin gäbe den Toto-Tippschein ab...

Kuch: Tja, hier können Sie erkennen, dass es für mich Grenzen gibt. Könnte ich die Lottozahlen vorhersagen, würde ich jetzt auf den Malediven sein und die Unterwasserwelt betrachten. Aber wie Sie sehen, bin ich hier.

Ähem, was wollte ich Sie zum Abschluss dieses Interviews noch fragen?

Kuch: Na, gar nichts. Sie wollten sich für das nette Gespräch bedanken. Gern geschehen.