Im Keller des Nürnberger Rathauses wartet die "Kidsbox"

2.8.2019, 08:00 Uhr
Im Keller des Nürnberger Rathauses wartet die

© Doris Reinecke

Wer im Nürnberger Rathaus beschäftigt ist, der hat künftig in solchen Situationen ein deutlich leichteres Spiel: Dort wartet im Keller nämlich eine "Kidsbox" auf ihren Einsatz, die sich Mitarbeiter bei Bedarf ausleihen und an ihren Arbeitsplatz mitnehmen können.

Von außen sieht sie aus wie ein zu groß geratener Rollkoffer. Doch im Inneren der aufklappbaren Kiste steckt jede Menge von dem, was Eltern und Kindern dabei hilft, die kurzfristige Betreuungskrise zu meistern. Wenn sie geöffnet ist, wird die Kiste zur Spielecke samt Tisch und Hocker. In ihr stecken jede Menge Bilderbücher, Bauklötze und ein Puzzlespiel, für Malvorlagen ist ebenso gesorgt wie für Buntstifte.

Lesematerial inklusive

Damit ein quirliges Kind nicht stiften geht, wartet ein Kindersitz, der am (Schreib-)Tisch befestigt werden kann, auf seinen Einsatz. Für etwas ältere Kinder hat die Stadtbibliothek noch reichlich Lesematerial dazugepackt. Zudem liegt in einem der Fächer ein Reisebett bereit, das sich wahlweise als Laufstall oder zum Schlafen nutzen lässt. Eine Wickelunterlage gehört ebenfalls zur Grundausstattung, samt einer Packung Windeln. Und damit die "Kidsbox" sauber und hygienisch bleibt, haben die Hersteller Desinfektionsspray und Papiertücher mit dazugepackt.

"Extrem entspannend" sei das, sagt eine junge Mutter, die im Rathaus beschäftigt ist. "Wenn man mal in eine solche Notsituation kommt, muss man nicht erst lange überlegen, ob man alles Nötige dabei hat." Die 35-Jährige hat von dem Angebot zwar noch keinen Gebrauch machen müssen, doch wenn es mal nötig wäre, würde sie sofort auf die "Kidsbox" zurückgreifen. In der Regel gehe es dann ja ohnehin nur darum, ein paar Stunden zu überbrücken. "Für solche Situationen ist das ideal."

Genau aus diesem Grund hat das Bündnis für Familie gemeinsam mit dem Personalamt das fahrbarer Kinderzimmer angeschafft. Das Ganze sei ein Pilotprojekt, sagt Doris Reinecke vom Bündnis für Familie. "Denn das Thema Kinderbetreuung in Notsituationen taucht immer wieder auf." Manche Firmen lösen es, indem sie ein festes Eltern-Kind-Zimmer einrichten, in das die Betroffenen dann umziehen können.

Das wäre auch im Rathaus denkbar gewesen, meint Reinecke. "Aber oft ist das ein Platzproblem." Zudem säßen die betroffenen Mitarbeiter dann weitab von ihren Kollegen, müssten sich ihren Arbeitsplatz für den jeweiligen Tag erst neu organisieren. "Manchmal wird der Raum deshalb vielleicht auch nicht genutzt." Reinecke favorisiert deshalb die "Kidsbox", die sich innerhalb des Rathauses problemlos hin- und herschieben und im Fahrstuhl transportieren lässt. "Nur über Stufen oder Kopfsteinpflaster rollt sie leider nicht."

Die Idee für das mobile Kinderzimmer stammt von der Uni Würzburg, entwickelt wurde es mit der Firma Polzer Innenausbau. "Wir wollten den üblichen Karton mit Spielmaterial im Keller durch etwas Sinnvolles ersetzen", sagt Peter Polzer, einer der beiden Geschäftsführer.

Analog zum mobilen Büro entstand dann das fahrbare Zimmer für die Jüngsten, das auch als Rückzugsort fürs Stillen dienen kann. Zu den ersten Kunden zählten verschiedene Hochschulen, gefolgt von öffentlichen Einrichtungen wie Landratsämter und Jobcenter. "Jetzt schwappt das langsam über in die freie Wirtschaft", so Polzer, für den die "Kidsbox" "eines von vielen tollen Tools ist, um Mitarbeiter zu halten".

Service wird genutzt

Zu seinen Kunden zählt auch die Uni Erlangen-Nürnberg, die die "Kidsbox" an 14 Standorten anbietet. Der Service werde von Mitarbeitern und Studierenden regelmäßig genutzt, sagt Sprecherin Regine Oyntzen. Wegen der positiven Resonanz hat der Familienservice der Uni für ältere Kinder jetzt zusätzlich "Kids Bags" angeschafft, mit Spielmaterial gefüllte Taschen. Zudem gibt es in Erlangen und Nürnberg Eltern-Kind-Zimmer und Wickelräume.

Wenn die gut 3000 Euro teure "Kidsbox" im Rathaus gut ankommt, soll es, so Reinecke, in der Nürnberger Stadtverwaltung weitere Exemplare geben. Für sie senden sie auch eine Botschaft aus. "Der Arbeitgeber setzt damit das Signal, dass so eine Notsituation vorkommen kann."

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