Innenstadt im Wandel: Billighändler in der Breiten Gasse

26.9.2018, 05:56 Uhr
Innenstadt im Wandel: Billighändler in der Breiten Gasse

© Foto: Günter Distler

Es ist düster, leer und ruhig – aber es geht weiter, zumindest vorerst. Wie lange im City-Point aber noch Geschäfte offen haben, mag hier niemand sagen. "Wir wissen nichts", sagt eine Verkäuferin in einem der Geschäfte im Erdgeschoss. Umsatz wird hier derzeit nicht mehr groß gemacht – zu wenig Kundschaft verirrt sich in das halbleere Einkaufszentrum. Abgerissen wird es so schnell aber wohl nicht. Laut Bauamt gibt es schließlich noch nicht einmal einen Bauantrag für das Altstadt-Karree, das hier entstehen soll. Ein entsprechender Antrag ist jedoch die Voraussetzung für einen Abbruch. Der City-Point ist aber nicht das einzige Gebäude, das aus der Stadt verschwinden soll. Das ehemalige Schuhhaus Leiser an der Breiten Gasse/Ecke Färberstraße soll auch abgerissen werden.

Als erstes dürften die Bagger aber beim ehemaligen Wöhrl-Sportkaufhaus anrollen, Anfang kommenden Jahres soll es so weit sein. Eine Lücke entsteht dort freilich nicht, ein neues Kaufhaus wird gebaut. Wer aber soll die 4500 Quadratmeter Verkaufsfläche bespielen? "Das ist gar nicht so einfach", sagt Michaela Neuner von der Tetris-Grundbesitz, in deren Eigentum sich der Wöhrl-Gebäudekomplex befindet. "Wofür würden Sie noch in die Stadt gehen?", will sie gleich wissen. Waren anschauen und anfassen zu können und dazu vielleicht einen Kaffee trinken zu gehen reicht als Angebot nicht mehr aus, um Kunden in die Stadt zu locken. Sie wünscht sich für das neue Gebäude deshalb "etwas, das es in Nürnberg noch nicht gibt und das die Innenstadt moderner macht". Ein Mietinteressent für das neue Kaufhaus sei bereits wieder abgesprungen.

Lange Laufzeiten für Mietverträge sind passé

Überhaupt sei es in der Branche nicht unbedingt leichter geworden. "Früher haben Mieter einen veredelten Rohbau genommen, jetzt muss der Vermieter mit ins Boot springen", sagt sie. Außerdem: Lange Laufzeiten für Mietverträge sind passé. Hat man sich früher gut und gerne mal für eine Laufzeit von zehn Jahren entschieden, laufen die Verträge heute oft nur drei, fünf oder sieben Jahre.

Kürzere Laufzeit, weniger Risiko, falls das Geschäft nicht läuft: Bei Marmot wünscht man sich wohl, der Mietvertrag wäre nicht so langfristig abgeschlossen. Das Unternehmen hat die Kaiserstraße mittlerweile verlassen – der Mietvertrag läuft weiter.

Kaiserstraße ist gefragt - Breite Gasse wird ramschiger

Und dennoch: Die Kaiserstraße ist nach wie vor gefragt. "Sie wird wieder nobler", sagt Uwe Fraaß von Conzepta City-Immobilien. Für René Lezard etwa habe man bereits einen Nachfolger gefunden. "Ein internationaler Kunde, der in die Straße passt", verspricht Fraaß. Ebenso neu und nobel in dem Bereich: Aesop, ein Anbieter luxuriöser Körperpflegeprodukte. So luxuriös das Angebot aber auch ist: "Die Mieten stagnieren, sinken sogar leicht", so der Immobilien-Profi. Die Straße aber braucht es – auch für die Vielfalt in der Stadt. Vielfalt, das ist es nämlich, was sich City-Manager Reto Manitz für Nürnberg als Einzelhandelsstandort wünscht. "Und manche Produkte benötigen eben ein besonderes Umfeld", sagt er. Kein Wunder also, dass Lederwaren Albrecht aus der Südstadt hier an der Kaiserstraße einen zweiten Laden aufgemacht hat. Zu den hochwertigen Marken passt die Umgebung bestens.

Der Online-Handel wirkt sich direkt auf das Angebot in den Läden aus, die Breite Gasse wird – so heißt es in Fachkreisen – mehr und mehr zu einem Mekka der Billig-Händler. Vor allem der Bereich zwischen Pfannenschmiedsgasse und Färberstraße werde immer ramschiger, so der Immobilien-Profi Fraaß. "Die Frequenz in der Straße ist da", sagt er. Das Problem nur: "Die Kundschaft, die kommt, gehört zu den einkommensschwächeren Menschen in Nürnberg." Entsprechend siedeln sich an der Breiten Gasse in dem Bereich auch immer mehr Läden an, die deren Nachfrage bedienen können. Ob er einem Kunden raten würde, hier ein Geschäft mit höherpreisigen Artikeln zu eröffnen? "Nur dann, wenn er richtig mutig ist", sagt Fraaß, "hier zählt schließlich nur eines: billig, billig, billig."

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