«Jagd“ auf Eremitenkäfer im Irrhain

27.12.2006, 00:00 Uhr
«Jagd“ auf Eremitenkäfer im Irrhain

«Und dafür werdet ihr bezahlt?“. Ungläubig schüttelt der Gemüsebauer aus dem Knoblauchsland den Kopf, als Simone Pfriem vom Amt für Landwirtschaft und Forsten erzählt, was sie und ihr Team demnächst im Irrhain-Gebiet vorhaben: «Wir werden uns mit Staubsaugern auf die Suche nach hohlen Bäumen machen, dort Kot und Teile von Käfern einsammeln und die Fundorte per GPS kartografieren.“ Hintergrund der ungewöhnlichen Kartierungsaktion ist die Ausweisung des Gebietes zwischen Kraftshof und der A3 als Fauna-Flora-Habitat (FFH) mit besonders schützenswertem Naturerbe im Rahmen des europäischen «Natura 2000“-Programms.

Seltenes Insekt

Grund dafür ist der seltene Eremitenkäfer, «Osmoderma Eremita“ genannt, der im Irrhain eines seiner letzten Reservate gefunden hat: Ein 25 bis 35 Millimeter langes Insekt, das seine kurze Lebensdauer von ein bis drei Monaten in den Mulmhölen alter Bäume oder in pilzbefallenem Holz verbringt. Ein Tier, das vor 50 Jahren noch ein Allerweltskäfer war. Heute steht er auf der «Roten Liste“ der stark gefährdeten Arten, weil es außer im Irrhain fast nur noch auf Friedhöfen zu finden ist.

Im Zuge der Ausweisung des FFH-Gebietes wurde nun auch der «Runde Tisch“ ins Leben gerufen, der sich künftig gemeinsam um die Belange von Pflanze, Mensch und Tier in dem Gebiet kümmern soll. Mit dabei bei der Auftaktveranstaltung in Neunhof waren neben Forstbeamten, Biologen und Bauern auch Vertreter vom Landesbund für Vogelschutz, Waldgrundbesitzer und der «Pegnesische Blumenorden“ — eine Literaturgesellschaft, die ihren Treffpunkt im Irrhain hat.

«Es geht hier nicht darum, hier von oben Naturschutzvorschriften durchzudrücken“, erläutert Claus Rammler, FFH-Experte der Regierung von Mittelfranken, «sondern vielmehr darum aus Betroffenen Beteiligte zu machen, gemeinsam offen zu diskutieren und Empfehlungen auszusprechen.“

Verband ist skeptisch

Schöne Worte - doch beim Bayerischen Bauernverband ist man trotzdem skeptisch «Wir kennen das doch“, meint Kreisverbands-Vorsitzender Gerhard Völkel: «Zuerst fängt alles unverbindlich und freiwillig an, und am Ende kommen neue Verordnungen, welche die Bauern belasten werden.“Denn obwohl nur zwei Prozent des 111 Hektar großen FFH-Gebiets Irrhain nicht in Staatsbesitz sind, fürchtet Völkel Einschränkungen. Etwa bei der Jagd, der Wasserführung oder der Wegplanung. Deshalb kündigt er eine kritische Mitarbeit des Bauernverbands am Runden Tisch an: «Im Zweifelsfall sollte das Wohl von Menschen und Betrieben doch wichtiger sein als das Wohl irgendeines Käfers!“

«Einmaliger Einblick“

Aus der Sicht der Forstverwaltung geht es natürlich um mehr als einen Käfer: «Als Schirmart steht der Einsiedler-Käfer vor allem symbolisch für das funktionieren eines Lebensraumes“, erklärt Kolb. «Denn wo der leben kann, ist auch noch Heimat für viele andere Tiere. Außerdem gibt uns der Irrhain mit seiner Vegetation einen einmaligen Einblick in die Vergangenheit des Reichswaldes.“

Sobald nun die Gebietskartierung mittels Käferkot abgeschlossen ist, wird der Runde Tisch wieder zusammenkommen. Simone Pfriem sagt: «Dann werden wir wissen, wie es wirklich um die Eremiten-Population steht, und können Empfehlungen geben.“