Kampf ums nackte Überleben

18.9.2019, 19:45 Uhr
Kampf ums nackte Überleben

© Christian Ender/Jesuitenmission Nürnberg

Einer, der besonders beharrlich und tapfer dagegen kämpft, ist Rodrigo Mundaca, der gestern in Nürnberg erwartet wurde, aber erst mit reichlich Verspätung eintraf.

Am kommenden Sonntag wird der chilenische Agraringenieur mit dem Nürnberger Menschenrechtspreis geehrt. Die Verleihung soll zugleich den Blick auf verbreitete und wahrscheinlich noch wachsende Probleme rund um die Ressourcen an eben noch brauchbarem und nicht vergiftetem und vermülltem Wasser lenken. Die Dimensionen sind gewaltig: Nach Zahlen der Vereinten Nationen haben weltweit 2,2 Milliarden Menschen keinen direkten Zugang zu Trinkwasser, knapp ein Drittel davon auch nicht zu sanitären Einrichtungen. Am stärksten betroffen sind Menschen in ländlichen Regionen im globalen Süden, allen voran Kinder und Alte. Oft verfügen dort nicht einmal Schulen und Kliniken über eine dauerhafte und verlässliche Wasserversorgung.

Natürlich versuchen viele große Hilfsorganisationen – wie Brot für die Welt oder die Welthungerhilfe – gegenzusteuern. Allerdings sehen sie sich mit immer schwierigeren Rahmenbedingungen konfrontiert: Weil Quellen vertrocknen, verschärft sich etwa die Dürre südlich der Sahara; dabei wird allein dort bis 2040 noch ein Anstieg der Kinderzahl auf 600 Millionen erwartet.

Gleichzeitig mehren sich Naturkatastrophen wie die Zyklone Idai und Kenneth, die über Mosambik wüteten. Sie bringen zwar Wasser im Überfluss – aber mit verheerender Wirkung und ohne Chance, die Fluten zur Verbesserung der Alltagsnöte zu nutzen.

Mundaca kämpft indes nicht gegen Naturgewalten, sondern vor allem gegen ungerechte politische und wirtschaftliche Strukturen: Die frühere Militärjunta hatte die Wasserrechte privatisiert – zugunsten mächtiger Familien und ihrer Agrarunternehmen. Opfer des "Wasserraubs" sind die Kleinbauern und ihre Familien denen buchstäblich das Wasser abgegraben wird. Das Engagement seiner Initiative Modatima (Bewegung zur Verteidigung des Zugangs zu Wasser, der Erde und des Umweltschutzes) wird Mundaca in den kommenden Tagen ausführlich und aus erster Hand schildern, natürlich auch in dieser Zeitung.

Doch sind die Konflikte durchaus unterschiedlich gelagert. Das zeigt auch ein Blick auf Projekte, die gezielt von Nürnberg aus unterstützt werden. Denn hier ist die sogenannte Missionsprokur der deutschen Jesuiten angesiedelt – und die haben traditionell Verbindungen in alle Welt und betreiben vor allem Bildungseinrichtungen, aber auch Selbsthilfeprojekte, besonders für die Ärmsten der Armen.

Verachtet und rechtlos

Wie die Ausgestoßenen und Kastenlosen in Indien, zu denen auch im internationalen Jargon Tribals genannte Gruppen gehören. Etwa das Volk der Bhil in der Steppenregion Maharashtras in den Dürreregionen des Subkontinents. Zur Verödung ihres Lebensraums hatte einst die Abholzung der früher existierenden Wälder für Bau- und Feuerholz entscheidend beigetragen. Inzwischen wird in ihrer Region massiv Sand abgebaut – ein ebenfalls knapper werdender Rohstoff. Leidtragende sind unter anderem die Fischer, denen mit ihren Familien die Lebensgrundlagen entzogen wird.

Und die ausgelaugten Böden lassen kaum Alternativen zu. Zumal die Bhil, sozial ausgegrenzt und faktisch rechtlos, kaum Chancen haben, ihre Rechte politisch einzufordern.

Zarte Pflänzchen lässt immerhin eine von einem Schweizer Jesuiten entwickelte Methode sprießen: Mit dem sogenannten Watershed-Programm werden Berghänge mit Furchen und Rinnen versehen, in denen die wertvollen Niederschläge aufgefangen und längerfristig nutzbar werden – was zugleich Kooperation und Gemeinsinn fördert.

Aber selbst in wasserreichen Regionen wie am Amazonas ist der Zugang zu sauberem Wasser längst nicht (mehr) von Natur aus gewährleistet: Die Ausbeutung der Wälder, Abholzug und Industrieabwässer bedrohen immer stärker die Existenz ganzer Dorfgemeinschaften.

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