Kehle durchtrennt: Staatsanwalt fordert lebenslang

20.10.2016, 17:33 Uhr
Der Angeklagte vor dem Nürnberger Landgericht. Am Freitag wird das Urteil erwartet.

© Michael Matejka Der Angeklagte vor dem Nürnberger Landgericht. Am Freitag wird das Urteil erwartet.

Ende November 2015, davon ist Oberstaatsanwalt Thomas Weyde überzeugt, hat der Angeklagte seine Ex-Freundin – als diese arglos im Bett lag – angegriffen. Der gelernte Maler und Lackierer nahm ein scharfschneidiges Cutter-Messer und schnitt ihr die Kehle auf. Der Leichnam wurde erst mehrere Tage später entdeckt, als die Arbeitskollegen der Frau Alarm schlugen und die Polizei verständigten.

Als die Berufsfeuerwehr und die Polizei die Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Hinteren Marktstraße im Nürnberger Stadtteil Schweinau öffneten, hing bereits süßlicher Verwesungsgeruch in der Luft. Der exakte Todeszeitpunkt konnte daher nicht festgestellt werden, der Rechtsmediziner geht davon aus, dass der Leichnam der Frau mindestens eine Woche lang in der Wohnung lag.

Angesichts der Verletzungen ging die Polizei sofort von einem Gewaltverbrechen aus. Offen war nur das Motiv: Im Flur der Wohnung lagen eine Geldkassette und verstreute Münzen – der Angeklagte habe all dies verstreut, um falsche Spuren zu legen, einen Raubüberfall vorzutäuschen, so der Oberstaatsanwalt. 

Wie ist dieser Mordvorwurf zu beweisen? Nach der Gesamtschau der Indizien ist Ankläger Weyde von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Ein Rechtsmediziner hatte bestätigt, dass die Frau von hinten angegriffen und getötet wurde - dies sei durch den Schnitt durch ihre Kehle und die Blutspuren auf ihrem Körper, in ihrem Bett und im Schlafzimmer belegt.

Die verwüstete Wohnung, die auf einen Raubüberfall hindeuten sollte, sorge eher für Misstrauen, weil die Inszenierung spürbar war. Die Handtasche der Frau war geöffnet, ihr Inhalt war auf dem Boden verstreut worden. Auf der Handtasche fand sich die DNA des Angeklagten - er hatte sie geöffnet, sie im Flur ausgeleert. Auffällig auch: Schmuck und Handys der Frau lagen offen herum, ein Räuber hätte all dies mitgenommen, so der Ankläger. 

Vermeintliche Vermisstenanzeige 

Auffällig auch: Am 23. November rief der Angeklagte an der Arbeitsstelle des Opfers an, er behauptete, er hätte bereits Vermisstenanzeige erstattet - tatsächlich hatte er dies nicht getan. Offenkundig wollte er nur das Auffinden der Leiche verzögern. 

Laut Zeugenaussagen sei der Angeklagte leicht kränkbar und insbesondere unter Alkoholeinfluss labil. Dass er dem Alkohol zu sehr zusprach, ergibt sich auch aus einer anderen Richtung - über einen Führerschein verfügt er nicht mehr, bereits vor Jahren wurde er wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt.

Und auch in diesem Verfahren hält ihm die Staatsanwaltschaft - neben dem schweren Mordvorwurf - vor, dass er damals wochenlang mit seinem Opel im Raum Nürnberg unterwegs war, obwohl er keinen Führerschein hatte. Diese 40 Fahrten ohne Führerschein gibt der Angeklagte zu. 

Der Verteidiger des Angeklagten beschreibt diesen als manipulativen Charakter, der bewusst die Unwahrheit sagt, sich selbstmitleidig selbst in Liebesbeziehungen bewusst in die Opferrolle drängt - und so sei es auch in diesem Fall gewesen. Doch diese Charaktereigenschaft mache ihn nicht zum Mörder. Die Indizien, die gegen seinen Mandanten sprechen, ergeben aus seiner Sicht eben kein stimmiges Gesamtbild, für eine Verurteilung wegen Mordes reichen sie nicht aus.

Zu verurteilen sei der Angeklagte daher nur wegen der Fahren ohne Fahrerlaubnis. Das Urteil will die Kammer am Freitag um 12 Uhr verkünden.