Bewusste Propaganda?

Kein Russen-Mord bei Nürnberg: Video mit Ukraine-Fakenews beschäftigt Justiz

Tobi Lang

Redakteur

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20.5.2022, 16:19 Uhr
Kein Russen-Mord bei Nürnberg: Video mit Ukraine-Fakenews beschäftigt Justiz

© Screenshot, dpa

Mitte April tauchte das Video erstmals auf. Innerhalb weniger Tage verbreitete sich die kurze Sequenz wie ein Lauffeuer, auf Facebook, WhatsApp und Telegram. Zehn Kilometer von Nürnberg entfernt, sagt eine junge Frau darin, sei ein russischstämmiger Mann eiskalt erstochen worden. Drei Geflüchtete aus der Ukraine hätten ihn getötet, das habe sie von "einem guten Freund" gehört. Anderswo in Deutschland seien Trupps gar systematisch auf der Suche nach Russen.

Grundsätzlich, sagt der mittelfränkische Polizeisprecher Robert Sandmann, nehme man solche Hinweise immer ernst. "Das, was die Frau erzählt, war so aber nicht existent." Es handelt sich um eine Falschmeldung, frei erfunden. Wurde sie unbewusst oder mit voller Absicht gestreut? Dazu ermittelt die Polizei. "Wenn es ein derart schweres Tötungsdelikt gegeben hätte, hätten wir auch die Presse informiert."

Staatsanwaltschaft beschäftigt sich mit dem Fall

Falschbehauptungen mit Bezug zum Ukraine-Krieg, sagt Sandmann, gebe es vereinzelt immer wieder. Auch Schmierereien mit Parolen tauchen in Franken gelegentlich auf. "Sowas in dieser massiven Form, das hat es bislang aber noch nicht gegeben", erklärt der Polizeisprecher. Noch sei die Region von großen Fakenews-Kampagnen zum Ukraine-Krieg verschont geblieben.

Inzwischen ist das Video ein Fall für die Staatsanwaltschaft. In Nürnberg bestätigt man, dass die Frau aus dem Video als Beschuldigte gilt. Inzwischen, sagt ein Sprecher, habe man den Fall aber nach Baden-Württemberg abgegeben. Dort soll die mutmaßliche Propagandistin leben.

Bundesweit sind Vorfälle wie das Video zum vermeintlichen Russen-Mord bei Nürnberg kein Einzelfall. Die Bundesregierung warnte erst Anfang April vor Kreml-Propaganda, die vor allem auf in Deutschland lebende Menschen mit russischen Wurzeln abziele. "Niemand sollte der Desinformationskampagne der russischen Staatsmedien mit ihren zynischen und verharmlosenden Darstellungen Glauben schenken", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner.

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