Kiebitz treibt Umweltamt und Bauern im Knoblauchsland um

7.4.2014, 07:59 Uhr
Der Kiebitz fühlt sich im Knoblauchsland wohl: Auf den trockeneren Feldern brütet er, an den vielen Gräben findet er seine Nahrung.

© dpa Der Kiebitz fühlt sich im Knoblauchsland wohl: Auf den trockeneren Feldern brütet er, an den vielen Gräben findet er seine Nahrung.

Er hat ein lustiges Federbüschelchen auf dem Kopf und fliegt spektakulär — der Landesbund für Vogelschutz (LBV) sieht im Kiebitz einen Sympathieträger. Der steht freilich an zweiter Stelle auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Das Bundesnaturschutzgesetz verlange den Erhalt seiner Brutstätten und seines Lebensraumes, sagt Klaus Köppel, Chef des Nürnberger Umweltamts. Artenschutz sei Ordnungsrecht, die Stadt muss sich bei Neubauten im Lebensraum des Kiebitz um alternative Brutstätten kümmern. Sonst packt die Regierung von Mittelfranken als Kontrollinstanz die Keule aus.

Strenge Auflagen

„Am Artenschutz wird aber kein Baugenehmigungsverfahren scheitern“, sagt Köppel. „Es wird nur dann scheitern, wenn man sich nicht an die Vorgaben des Artenschutzes hält.“ Das Umweltamt hat kartieren lassen, wo der Kiebitz im Knoblauchsland daheim ist. Ausgerechnet in der Schmalau bei Boxdorf hält er sich gern auf. Wird dort — wie seit Jahren geplant — das Gewerbegebiet erweitert, müssen Flächen her, auf die er ausweichen kann.

Ebenfalls stark vertreten ist der Bodenbrüter, der seine Eier auf den Äckern legt, bei Kleingründlach, Buch, Höfles und Schnepfenreuth. Auf der Neunhofer Seite ist er weniger heimisch, „weil dort der Waldrand näher ist und er mehr natürliche Feinde wie den Fuchs hat“, sagt Edda Witthuhn vom Umweltamt.

Der Kiebitz brütet dort, wo er eine gute Rundumsicht hat. Der Gemüseanbau mit seinen niedrigen Pflanzen kommt ihm gerade recht. Außerdem braucht er Wassergräben und feuchte Böden, denn dort findet er seine Nahrung. Beides gibt es ebenfalls in Nürnbergs Norden zur Genüge.

Um der Stadt die Möglichkeit einer baulichen Entwicklung im Knoblauchsland offenzuhalten, sucht das Umweltamt nach Ausweichplätzen für den Kiebitz, „wir wollen aber auf keinen Fall landwirtschaftlichen Anbau einschränken, es geht um Strukturänderungen“, betont Köppel. Man suche das Gespräch mit dem Bauernverband. Und wenn sich die Stadt bei den Planungen für die Schmalau zuerst auf den südlichen Teil beschränke, käme man weit weniger Brutpaaren ins Gehege als im Norden.

Bauern haben Angst um Produktionsfläche

Die Gespräche mit den Bauern werden nicht einfach. „Weil die Stadt mehr Gewerbe ansiedeln will, sollen wir uns einschränken?“, fragt Peter Höfler vom Gemüseerzeugerring. Der Vorsitzende des Bauernverbands in Nürnberg, Michael Brückner, schlägt vor, dem Kiebitz Ausweichquartiere außerhalb des Knoblauchslandes anzubieten, „hier haben wir doch jetzt schon Probleme, weil es so viele sind“.

„Die Kollegen haben Angst um ihre Produktionsflächen“, weiß Landwirt Rudolf Dworschak, der die Bio-Bauern vertritt. Nur zu gut sei ihnen in Erinnerung, dass der Kiebitz sogar das Stadion-Neubauprojekt in Fürth ins Wanken brachte. „Alle spechten auf unsere Flächen, auch um teure Bauplätze zu kriegen, und wir sollen zurückstecken.“ Dworschak will nicht missverstanden werden, „wir mögen den Kiebitz und er fühlt sich auf unseren Feldern wohl“. Man werde mit der Stadt sprechen, wolle aber ernst genommen werden.

Andreas von Lindeiner ist Artenschutzreferent des LBV, er weiß, dass Verhandlungen mit Landwirten „personalintensiv“ sind. Der LBV arbeite an einem bundesweiten Konzept für „Kiebitz-Inseln“ mit, also für Orte, wo der Vogel sicher brüten kann. Es gebe Versuche, etwa im Schwäbischen Donaumoos. Dort sollen Bauern, die nasse Mulden stehen lassen oder Mais später aussäen, um vorher den Kiebitz brüten zu lassen, Ausgleichszahlungen erhalten. Doch von Lindeiner weiß, dass Förderprogramme im Naturschutz nicht so attraktiv sind. In Ballungszentren werde hart um Flächen gekämpft. Klar ist, dass die Stadt nichts ankaufen wird. In Pachtverträgen könne man Nutzungsvereinbarungen für den Kiebitz treffen. Doch man stehe beim Schutz dieses Vogels noch ganz am Anfang.
 

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