Aufnahme in Denkmalliste

Kommt eine Brauerei auf den Nürnberger Fernmeldeturm?

19.6.2021, 12:33 Uhr
Seit heute ist es amtlich: Das "Nürnberger Ei", der Fernmeldeturm in Schweinau, ist in die Denkmalliste aufgenommen worden. Hoch oben haben Stadt und Staat dem Betreiber, die Deutsche Funkturm GmbH, die entsprechende Urkunde überreicht. Damit lassen sich nun dringend benötigte Fördergelder abschöpfen.

© Michael Matejka, NNZ Seit heute ist es amtlich: Das "Nürnberger Ei", der Fernmeldeturm in Schweinau, ist in die Denkmalliste aufgenommen worden. Hoch oben haben Stadt und Staat dem Betreiber, die Deutsche Funkturm GmbH, die entsprechende Urkunde überreicht. Damit lassen sich nun dringend benötigte Fördergelder abschöpfen.

Der Charme der 70er schlägt einem entgegen, sobald man das Foyer am Fuße des Nürnberger Fernmeldeturms betritt. "Souvenirs" steht auf der Glasscheibe des Kassenhäuschens, in dem schon lange niemand mehr Billetts verkauft. Die Personenaufzüge, die vor 1992 im Minutentakt Gäste ins Restaurant nach oben und nach unten lifteten, sind außer Betrieb. Der Technikaufzug ist heute das Mittel zum Zweck. In kleinen Vierergruppen dürfen die Journalisten damit bei einer Geschwindigkeit von zwei Metern pro Sekunde nach oben ins "Restaurationsgeschoss" fahren. Höhe: 189 Meter. Jedenfalls besser, als 1004 Stufen im Treppenhaus steigen zu müssen. Dass das vor 41 Jahren errichtete "Nürnberger Ei", wie der Fernmeldeturm in Schweinau auch genannt wird, eine Gesamthöhe von 292,8 Metern hat, spielt an diesem Freitag eine wichtige Rolle: Es ist damit nicht nur das höchste Gebäude, sondern jetzt auch das höchste Baudenkmal in Bayern.

Fernmeldeturm weckt Erinnerungen

Grund genug für Staats- und Stadtspitze einen Pressetermin bei strahlendem Sonnenschein hoch über Nürnberg zu terminieren. Der Fernmeldeturm ist also jetzt in die Denkmalliste aufgenommen. Dort trägt er die Kennziffer D 5640004827, wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit der Kulisse der Stadtteile Schweinau und Röthenbach im Rücken mitteilt. Dass ihm diese Stadtteile mehr als vertraut sind, steht fest. Wuchs er doch im Nürnberger Westen auf und hatte später hier seinen Stimmkreis. Der im Jahr 1980 fertiggestellte Fernmeldeturm weckt bei vielen Nürnbergerinnen und Nürnbergern Erinnerungen. Bei Söder ist es diese: "Ich war hier schon mit meinem Großvater. Er hat mich immer examiniert, wo ist was in Nürnberg. Wir haben hier oben aber auch den 50. meines Vaters gefeiert."

Für Bernd Sibler, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst (CSU), erfüllt das "Nürnberger Ei" alle Voraussetzungen für den Eintrag in die Denkmalliste. Es hat eine "stark emotionale Komponente" (Erinnerung) und es hat eine technologische Bedeutung: "Es drückt die technische Entwicklung der 60er, 70er und 80er Jahre aus." Und nicht zu vergessen: der historische Anklang. Das "Nürnberger Ei", der ovale Kanzelkorb des Fernmeldeturms, "geht auf die Stadtgeschichte zurück". Denn als "Nürnberger Eier" wurden in früheren Zeiten Taschenuhren mit Federwerk bezeichnet, die eine ovale Form hatten. Die weltweit besten Handwerker und Feinschmiede hatten ihre Werkstätten in Nürnberg. "Es ist das höchste und das jüngste Denkmal, das wir in Bayern haben."

Brandschutz muss nachgebessert werden

Doch wozu soll der Eintrag in die Denkmalliste gut sein? Unisono teilen Söder, Sibler und Oberbürgermeister Marcus König die Absicht, den Fernmeldeturm wieder zugänglich zu machen. Sibler: "Den Menschen sind Denkmäler besonders dann im Bewusstsein, wenn man sie begehen kann." Hintergrund ist, dass sich mit der Denkmal-Urkunde, die auf der Antennenplattform des Turms an Bruno Jacobfeuerborn von der Deutschen Funkturm GmbH überreicht wurde, Fördertöpfe anzapfen lassen. "Das ist das Ziel, um irgendwann mehr daraus zu machen", sagt OB Marcus König (CSU). Nur wenige Meter vom Stamm des Turms entfernt glitzert der Main-Donau-Kanal herauf und König spricht von den Schiffstouristen, die keinen weiten Weg zum Fernmeldeturm hätten. Dass der Nürnberger Hafen weiter weg im Südosten liegt und es (noch) keine Anlegestelle am Turm gibt, scheint kein nennenswertes Problem zu sein.

Eines der größten Probleme ist es aber, künftige Touristen nach oben zu befördern. Denn der Personenaufzug entspricht nicht mehr den heutigen Standards. Da gibt es ein Sicherheitsproblem. Auch der Brandschutz muss nachgebessert werden. Das kostet viel Geld. Geld, das der Betreiber des Fernmeldeturms, die Deutsche Funkturm, aus wirtschaftlichen Gründen bisher nicht investiert hat. Mit den geplanten Fördergeldern ist das in Zukunft zu machen. Ideen für eine wirtschaftliche Nutzung gibt es bereits, so OB König. Etwa die eines Fitnessstudios im Ei oder der höchst gelegenen Brauerei im Land.

"Priorisierung höchsten Ranges"

Geplant hat den Turm in Schweinau ab 1972 der Stuttgarter Architekt Erwin Heinle. Das Ingenieurbüros Fritz Leonhardt, ebenfalls aus Stuttgart, setzte den Bau von 1977 bis 1980 um. Als Spezialist für Fernsehtürme entwarf Heinle auch die Anlagen in Stuttgart, Mannheim, Frankfurt und Köln. Innovativ und eine „Pionierleistung höchsten Ranges“, wie das Landesamt für Denkmalpflege betont, war die Konstruktion der Fernsehtürme Heinles und Leonhardts aus Stahlbeton. Der Nürnberger Fernsehturm ist nach Berlin, Dortmund, Dresden, Frankfurt/Main, Hamburg, München und Stuttgart deutschlandweit bislang der achte seiner Art, der als Industriedenkmal unter Schutz gestellt wurde.

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