Kreative Köpfe an Zeichenbrett und Computer

29.11.2018, 11:14 Uhr
Das Büro von Katena Studios ist zwar klein, bietet aber unter anderem Platz für zwei Arbeitsbereiche: An einer Wand stehen Schreibtische für die Handarbeit bereit (Bild), gegenüber finden die Computer für digitale Aufgaben Platz.

© Benedikt Vogler Das Büro von Katena Studios ist zwar klein, bietet aber unter anderem Platz für zwei Arbeitsbereiche: An einer Wand stehen Schreibtische für die Handarbeit bereit (Bild), gegenüber finden die Computer für digitale Aufgaben Platz.

"Wir sind Katena. Wir machen Illustration und Design", steht schlicht auf der Visitenkarte aus fester Pappe. Dazu als grüner Comic die Köpfe der Gründerinnen: Kathrin Rödl (32) und Lena Dirscherl (29). Der Firmenname Katena Studios setzt sich aus den Vornamen der beiden zusammen und sei eigentlich ein Spaßvorschlag gewesen, sagt Dirscherl. "Wir wollten etwas Einfaches, Simples, etwas, das mit uns zu tun hat. Und mit unseren fränkischen Nachnamen wäre ,Dödl‘ oder so rausgekommen – das klingt dann vielleicht auch nicht so gut."

Die Nürnbergerinnen fertigen Illustrationen für Magazine und Zeitschriften, gestalten Infografiken zur Wissensvermittlung, liefern Zeichnungen für Kampagnen in sozialen Netzwerken oder illustrieren Kinderbücher und Postkarten. "Wir machen alles, was mit Bild zu tun hat, aber kein Foto ist", fasst Dirscherl ihre Arbeit zusammen. Texte mit einem Bild erklärend zu begleiten oder durch ein solches zu visualisieren, ist die Hauptaufgabe von Illustratoren.

In ihrem Büro im Nürbanum an der Allersberger Straße haben die Kolleginnen, die auch Freundinnen sind, jeweils zwei Arbeitsplätze: einen digitalen und einen analogen. Auf einer Seite stehen ihre Computer, auf den Tischen an der anderen stapeln sich Skizzenblöcke, Stifte, Farbkasten, Lineale, Kleber, Schere und Gläser mit Tusche.

Keine Angst vor
der Selbstständigkeit

"Unsere Grundlage ist immer die Skizze auf Papier", sagt Rödl. "Die meisten Illustrationen zeichnen wir mit Bleistift, dann scannen wir sie ein und kolorieren sie am Computer." Der Kunde erklärt bei einem Vorgespräch etwa, für welchen Zweck die Illustrationen gedacht sind, wie viele er braucht, Stil, Inhalt und Lieferfrist. "Das macht uns zum Dienstleister, wir sind keine Künstler", betont die 32-Jährige. Dann beginnt die Skizzenphase: Dirscherl und Rödl fertigen Entwürfe an, sprechen erneut mit dem Kunden, nehmen Änderungen vor. Wenn die Skizzen freigegeben sind, machen sie sich an die Umsetzung.

Kennengelernt haben sich die Frauen beim Design-Studium an der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg. Aus Praktika wissen sie auch, wie das Arbeiten in einer Festanstellung aussieht. "Es war ein interessanter Einblick. Aber die Werbebranche ist schnelllebig und stressig. Man macht viele Überstunden und muss oft am Wochenende arbeiten", sagt Lena Dirscherl. "Da habe ich die Angst vor der Selbstständigkeit verloren." Bei einem Praktikum von Kathrin Rödl in London war es ähnlich. "Außerdem wollen wir weniger Werbung machen und stattdessen mehr Infographiken und Magazinillustrationen. Unsere Arbeit soll wertvoller und langlebiger sein als in der Werbung", sagt sie. Zudem sei es in ihrer Branche nicht unüblich, als Freier zu arbeiten.

Ein Vorteil der Selbstständigkeit sei zudem, dass man sich seine Jobs aussuchen könne. "Wenn wir uns mit einem Thema oder Auftraggeber nicht wohlfühlen, können wir auch mal Nein sagen", sagt Dirscherl. Als Angestellter in einer Agentur sei das nicht so einfach möglich. Und: Die beiden können als Freie Projekte aus ganz unterschiedlichen Sparten annehmen; in einer Agentur hingegen sei man naturgemäß sehr stark auf den Bereich Werbung spezialisiert.

Austausch mit Kreativen fehlt

Natürlich gibt es aber auch Herausforderungen, wenn man eine eigene Firma gründet. "Wir mussten uns erst bewusst machen, was unsere Arbeit wert ist", sagt Dirscherl. Man höre oft: "Du kannst da doch sicher schnell was zaubern!" Auch seien viele Illustratoren zu bescheiden. "Wir sind keine Business-Leute, sondern Kreative." Doch wer nicht wisse, was er für seine Arbeit verlangen könne, schade der gesamten Branche.

Was auch nicht vergessen werden darf: Urlaub und Pausen sind wichtig. "Gerade im Kreativbereich muss die Arbeit Spaß machen. Wer zu verkrampft ist oder sich zu viel Druck macht, verliert seine Kreativität."

Um an Aufträge zu kommen, schicken Dirscherl und Rödl regelmäßig individuell bestückte Portfolios an Firmen, mit denen sie schon einmal zusammengearbeitet haben. "So bleiben wir in Erinnerung", sagt Rödl. Viel geschehe auch über Weiterempfehlungen. Außerdem hat Katena Studios eine sogenannte Repräsentanz, also einen Agenten auf Provisionsbasis, der Jobs an sie vermittelt. "Dadurch kommen wir auch in Kontakt zu großen Firmen, was als Einzelperson schwierig wäre."

Kathrin Rödl (links) und Lena Dirscherl kennen sich aus dem Studium. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagten die beiden 2015 zusammen.

Kathrin Rödl (links) und Lena Dirscherl kennen sich aus dem Studium. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagten die beiden 2015 zusammen. © Benedikt Vogler

Ihre Aufträge bekommen Dirscherl und Rödl vor allem auf überregionaler Ebene; selbst internationale Projekte haben sie schon gemacht, da der Beruf des Illustrators durch die Arbeit am PC standortunabhängig ist. Dass sie ihr Büro hier in der Stadt aufmachen, war für die Nürnbergerinnen aber von Anfang an klar. Allerdings fehlt ihnen hier der Austausch mit anderen Kreativen. "Es gibt nicht genügend Räumlichkeiten für die Szene", bedauert Rödl. "Eine solche kann sich eigentlich gar nicht bilden, wenn alle über die Stadt verstreut sind."

Die Quelle als Zentrum für Künstler und Kreative habe Potential gehabt, sagen die zwei Frauen. Auch sie selbst hätten im ersten Jahr ihrer Firmengründung – 2015 – dort ihr Büro gehabt. Doch sie und die anderen Zwischennutzer mussten ausziehen, als der Immobilienentwickler Sonae Sierra das Areal ersteigerte. Weil es nicht genügend geeignete Räume gibt und auch keinen Masterstudiengang Design an der TH, würde viele Kreative nach dem Bachelor Nürnberg verlassen und in eine der Kreativhauptstädte, etwa München oder Frankfurt, ziehen.

"Ich wollte auch lange nach Berlin", sagt Lena Dirscherl. "Aber inzwischen habe ich erkannt, dass Nürnberg viel Potenzial hat." Sie wolle lieber selbst Projekte ins Leben rufen, anstatt sich nur zu beschweren. Beide engagieren sich bereits im Comiccafé des Z-Baus; auch ein Design- oder Illustrations-Festival könnten sie sich gut vorstellen. Und mit ein bisschen Fantasie lässt sich auch dem Nürbanum etwas abgewinnen. "Mit der Backsteinmauer vor unserem Fenster könnte das auch ein hipper Berliner Innenhof sein", findet Dirscherl.

Katena Studios, Allersberger
Straße 185, Nürnberg, Gebäude L1a; Tel.: 09 11/47 89 33 01;
www.katenastudios.com

1 Kommentar