Kunst und Kneipe

27.12.2015, 17:24 Uhr
Kunst und Kneipe

© Foto: Günter Distler

Eine Galerie ist keine Kneipe, ist kein Obstgeschäft, ist keine Metzgerei. Dennoch steckt in der neuen „Gregor Galerie“ von allem etwas drin. Im holzvertäfelten Schaufensterraum an der Pirckheimerstraße 129 lagen zuletzt Äpfel, Gurken, Salate zum Verkauf – 13 Jahre lang war’s ein Gemüsegeschäft.

Im weiß gekachelten Hinterraum wiederum hängen noch Ketten und ein Ofen ist eingemauert – 30 Jahre lang beherbergte das Erdgeschoss davor eine Metzgerei.

Mehr als vier Jahrzehnte wiederum war Peter Hoyer Wirt. Seine Künstlerkneipe „Gregor Samsa“ liegt gleich um die Ecke in der Mörlgasse, sein Sohn Marcel betreibt sie erfolgreich weiter. Als der Vater im März diesen Jahres den Gulasch-Schöpflöffel an den Nagel hängte, musste der Sohn die Kunstwerke allerdings austauschen, denn Peter Hoyer nahm seine Bildersammlung mit.

Kunstvolle Speisekarte

Nun packt er sie in der Galerie wieder aus. Und noch mehr. Kommt zum Beispiel ein Kunst-Verkauf zustande, so steckt der 68-Jährige dem Kunden schon mal eine handgeschriebene Speise-Karte der früheren Jahrgänge dazu. „Hoyerisch-japanische Kalligraphie“, sagt er. Mochte so mancher Gast auch beim Entziffern verzweifeln, die Gulaschkarte war ein Manifest.

Weil Peter Hoyer als Wirt die böhmische Tradition der „Bier-Rente“ pflegte – ein eingefleischter Kern „gregorianischer“ Künstler zahlte mit Bildern oder Musik –, kam in vier Jahrzehnten eine stattliche Ansammlung an Wunderwerken zusammen. Über den genauen Umfang schweigt der Galerist sich aus.

Die Namen indessen sind stadtbekannt: Gemälde von Peter Angermann, Harri Schemm, Dan Reeder oder Peter Hammer machten im Nachtlokal die Nächte bunt bis unter die Decke. Und Peter Hoyers Sammlung markant – voll expressiver, pornonaher, satirischer Malerei, die das Abenteuer im Alltag suchte, auf jeden Fall der Kneipe zugetan war. Denn wer nicht so malte, wie der Wirt es wollte, blieb durstig.

Rund 40 Bilder passen in die Galerie, die der Böhme im rustikalen Stilmix zwischen Hütte und Wohnzimmer mit Gartenbänken aus Holz, Fellen darauf und einer massiven Vitrine dahinter eingerichtet hat. Dazwischen stehen Skulpturen aus Baumstämmen, vom Galeristen bemalt: Für ihn sind es Waldgeister seiner Heimat.

In den Räumen will Peter Hoyer fortan die Künstler seiner früheren Kneipe präsentieren, dazwischen jüngere Positionen aus Tschechien und Deutschland vorstellen. Den Anfang macht ein Klassiker, Werke von Peter Hammer als einem „Gregorianer der ersten Stunde“ sind zu sehen, das mechanisch betriebene Skelett-Uhren-Bild „Der Tod und das Mädchen“ ist darunter.

Dass Hammer, Jahrgang 1940, neben Bildern und Basteleien auch Musik macht, passt: „Wir können tanzen – wie in der Kneipe“, freut sich sein Namensvetter.

Wird Peter Hoyer wehmühtig, wenn er an sein Wirtshaus denkt? „Ich vermisse nicht die Arbeit, aber die Kneipe war meine Identität.“

Ausstellung „Peter Hammer – Gregorianer der ersten Stunde“. Bis 11. Januar. Gregor Galerie, Pirckheimerstr. 129; Di.– Sa. 16 bis 20 Uhr, So. 13. bis 20 Uhr.

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