Lacrosse: Draufhauen wie Hanni und Nanni

8.11.2012, 00:00 Uhr
Lacrosse: Draufhauen wie Hanni und Nanni

© Wolfgang Zink

Die Übersetzter der bekannten Kinderbuch-Serie „Hanni und Nanni“ waren sich einig: Lacrosse funktioniert in Deutschland nicht. Also spielten die Internatsschülerinnen – anders als in der Originalfassung – einfach Handball. Dabei ist Lacrosse der schnellste Mannschaftsballsport auf zwei Beinen, mit einem komplexen Regelwerk. Vereinfacht und oberflächlich zusammengefasst stehen sich zwei Mannschaften à zehn Spieler mit Schlägern aus Holz oder synthetischem Material gegenüber, genannt Sticks. Am Kopf dieser Sticks befinden sich Taschen, mit denen ein Hartgummiball gefangen und gepasst wird. Ziel ist es, den Ball ins Tor der gegnerischen Mannschaft zu befördern. Welche Mannschaft am Ende eines Spiels mehr Tore geschossen hat, gewinnt. Klingt eigentlich ganz einfach, oder? Trotzdem blieb Nürnberg völlig unberührt von dieser Sportart. Bis jetzt.

Welpenschutz für Neulinge

„Bis vor kurzem wusste ich noch nicht einmal, wie Lacrosse geschrieben wird“, gesteht Robert Seel, der Vorstandsvorsitzende der DJK Berufsfeuerwehr Franken. Seit geraumer Zeit konzentriert sich die DJK auf vermeintliche Randsportarten, „wir sind ein exotischer Sportverein“, sagt Seel. Auf dem B-Platz der Fußballer trainiert unter anderem eine Frisbeegruppe, genügend Kapazitäten für andere Sportarten gibt es trotzdem, wie Seel sagt: „Wir wollten eine neue Rasensportart in den Verein holen und haben im Vorstand Namen von Sportarten in den Raum geschmissen. Irgendeiner kam dann auf Lacrosse.“ Lacrosse? Mehr als der Name war nicht bekannt – und, dass in Erlangen ein paar Studenten diesen Sport betreiben würden. Dort spielt eine Spielgemeinschaft sogar in der zweiten Bundesliga. Das klingt nach großer Sportbühne, ist aber der grauen Lacrosse-Realität in Deutschland geschuldet.

Lacrosse spielt man im Verein entweder in der Landesliga oder einer regional unterteilten Bundesliga. Höchste Zeit, daran etwas zu ändern, findet Manuel Hastreiter. „Grow the Game“, zitiert der Erlanger Student einen Lacrosse-Grundsatz, er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Spiel zum Wachsen zu bringen — bei der DJK. Hastreiter spielt seit drei Jahren Lacrosse, schießt den Hartgummiball mit bis zu 130 km/h aufs gegnerische Tor und will nun als Trainer eine Mannschaft in Nürnberg auf den Weg bringen. Dadurch sollen neue Spieler zur SG Erlangen stoßen, Fernziel ist es, mit einer eigenen Mannschaft in der Bundesliga anzutreten. „Wir brauchen ja Gegner“, sagt Erlangens Trainer Mathis Dollinger, der Hastreiter bei seinem Vorhaben unterstützt.

Vergangene Woche war es dann so weit: Das erste Training der Nürnberger Mannschaft fand statt. Es trafen sich Könner und Neulinge, die zum ersten Mal einen Stick in der Hand hielten. Entsprechend sahen die Passversuche zwischen den Sportlern aus, was laut Hastreiter aber kein Problem ist: „Lacrosse is easy to learn, but difficult to master“, es ist leicht, Lacrosse zu lernen, aber schwierig, darin richtig gut zu werden.

Johannes Grießhammer ist einer von denen, die Lacrosse lernen und darin einmal richtig gut werden wollen. Nach einer halben Stunde rinnen die Schweißperlen von seiner Stirn, Grießhammer ist aus der Puste. „Man braucht viel Ausdauer bei diesem Sport, aber Talent ist erkennbar“, sagt Hastreiter über seinen Neuling. Grießhammer sagt: „Das ist viel einfacher als es aussieht.“ Zumindest noch.

250 Euro für die Ausrüstung

Weil Grießhammer Welpenschutz genießt und von den Könnern erst mal nicht hart angegriffen wird. Normalerweise ist Lacrosse eine Vollkontaktsportart, es ist erlaubt, den Gegner zu stoßen und mit einem Schlag auf den Stick ihn am Passen und Schießen zu hindern. Damit Blessuren ausbleiben, muss jeder Spieler Schutzkleidung tragen, bestehend aus Helm, Handschuhen, Mundschutz, Ellenbogen- und Schulterprotektoren. Alles in allem kostet die Ausrüstung zirka 250 Euro. „Man sollte Lacrosse erst mal für ein paar Monate testen und sich danach entscheiden, ob man voll einsteigen möchte und sich die Ausrüstung kauft“, rät Hastreiter. Bis es so weit ist, trägt Grießhammer Mütze statt Helm. Es sieht aber so aus, als wollte Grießhammer voll einsteigen: „Ich mag körperbetonte Sportarten, wahrscheinlich bleibe ich beim Lacrosse.“

Auch Neuling Beata Boron mag körperbetonte Sportarten und gibt zu: „Es wäre mir lieber, wenn es etwas härter zugehen würde.“ Weil Frauenlacrosse aber anderen Regeln folgt, bleibt ihr dieser Wunsch verwehrt. Auf Körperkontakt wird weitgehend verzichtet, deshalb tragen die Spielerinnen lediglich Mundschutz, Handschuhe und eine Schutzbrille. Womit man wieder bei „Hanni und Nanni“ wäre. Die Zeichentrickserie wurde nämlich auch hierzulande in der Originalfassung gezeigt, die Internatsschülerinnen spielen Lacrosse. Die Sportart kann auch in Deutschland funktionieren. Vielleicht sogar in Nürnberg.

Wer den Schläger selbst schwingen will, ist bei der DJK BFC willkommen. Mittwochs um 19.30 Uhr trifft sich das neue Lacrosse-Team an der Hofer Straße 30.

 

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