Lebenslange Freiheitsstrafe für den Messerstecher von St. Johannis

16.10.2019, 14:12 Uhr
Die Schwurgerichtskammer verhängte für versuchten Mord in drei Fällen eine lebenslange Freiheitsstrafe.

© Isabel-Marie Köppel, NNZ Die Schwurgerichtskammer verhängte für versuchten Mord in drei Fällen eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Daniel G. rammte am 13. Dezember um 19.20 Uhr einer 56-jährigen Zahnarzthelferin im Kirchenweg auf Höhe der Hausnummer 53 ein Messer in den Bauch. Die Frau wartete damals auf den Bus. Weil sich der Bus verspätet hatte, lief sie ("um etwas für ihre Gesundheit zu tun", wie sie als Zeugin angab) eine Haltstelle voraus, als ihr Daniel G. entgegenkam. Heute wechselt die Frau - ihr Arbeitsplatz ist ganz in der Nähe - die Straßenseite. Den Ort des Geschehens vermeidet sie, sie leidet bis heute unter der Tat. "Er wollte sie verletzen, ihren Tod nahm er billigend in Kauf. Ohne sich um sie Gedanken zu machen, ging er weiter", so die Vorsitzende Richterin Barbara Richter-Zeininger.

Gegen 22.40 Uhr stach er in der Arndtstrasse einer 26-Jährigen in den Rücken. Die junge Apothekerin kam damals von einer Weihnachtsfeier aus dem Lokal "Zum Spießgesellen" als sie kurz vor ihrer Haustür niedergestochen wurde. Bis heute, so schilderte sie im Zeugenstand, wage sie sich im Dunklen nicht mehr unbedingt allein auf die Straße. "Er wollte sie verletzen, ihren Tod nahm er in Kauf", heißt es in der Urteilsbegründung. "Und erneut ging er, ohne sich um die Geschädigte Gedanken zu machen, weiter".

Nur wenige Minuten später hieb Daniel G. das Messer in der Burgschmietstraße, kurz vor der Einmündung Campestraße, einer damals 34-Jährigen in den Bauch. "Diesmal stach er mit einer solchen Wucht zu, dass nicht nur die Klingenlänge, sondern auch der Griff teilweise eindrang. Es ist nur Glück, dass die Geschädigte dies überlebt hat." Auch sie, die Frau, die G. am schwersten verletzt hat, will sich von dem Verbrechen nicht unterkriegen lassen. Sie ist mittlerweile mit ihrem zweiten Kind schwanger.

Richter betrachten Daniel G. als voll schuldfähig

Am nächsten Tag wurde Daniel G. festgenommen, er war bei allen Taten voll schuldfähig. Die Beweislast war erdrückend: Er hat die Verbrechen gestanden, Blut von den Geschädigten war an seiner Jacke, Überwachungskameras hatten die Wege des wohnungslosen Mannes in den Stunden vor der Tat in weiten Teilen aufgezeichnet - auf diesen Aufnahmen ist ein Mann ohne auffälliges Verhalten zu sehen. Dass Daniel G. zur Tatzeit betrunken war, gar zwei Flaschen Schnaps trank, wie er behauptet hat, glauben ihm die Richter der Strafkammer nicht.

Die Richter sind davon überzeugt, dass er die erste Frau mit Absicht verletzte, und ihren Tod billigend in Kauf nahm. Einschränkungen der Erkenntnisfähigkeit des Angeklagten haben sich nicht ergeben. Dies gilt auch für die zweite Frau. Anders sei es bei der dritten Frau: Hier stach Daniel G. mit einer derartigen Wucht zu, dass kein anderer Schluss zulässig sei - er wollte sie töten.

Daniel G. ist voll schuldfähig, ein krankhaftes seelisches Leiden plagt ihn nicht, auch unter einer psychotische Störung litt er zum Tatzeitpunkt nicht. Er stach zu - und überließ die Opfer ihrem Schicksal. "Unbeeindruckt von seinem Tun", so Richterin Zeininger, "ging er weiter".

Vor den Mordversuchen wurde der massiv vorbestrafte Mann beim Diebstahl einer Flasche Schnaps und einem Messer erwischt. Auch diese Tat wird mit der Gesamtfreiheitsstrafe gesühnt. Schuldeinsicht und Reue habe die Strafkammer gesehen - auch wenn er sich nur zu Prozessbeginn, und nicht direkt bei den Frauen entschuldigt hat. "Dies hätte nichts, aber auch gar nichts wieder gut gemacht. Diesen Eindruck habe der schluchzende Mann im Video der Polizeivernehmung gemacht. Eine schauspielerische Leistung sieht die Kammer nicht."