Lebenslange Haft für Cuttermesser-Mord in Nürnberg

21.10.2016, 15:20 Uhr
Der 37-Jährige, der seiner Freundin die Kehle durchtrennt haben soll, bekommt lebenslange Haft.

© Michael Matejka Der 37-Jährige, der seiner Freundin die Kehle durchtrennt haben soll, bekommt lebenslange Haft.

Am 20. November 2015 hat Claudio A. seiner Ex-Freundin – als diese arglos im Bett lag – mit einem scharfschneidigen Cutter-Messer die Kehle durchtrennt. "Sie wähnte sich völlig in Sicherheit, sie sah nicht einmal auf", heißt es in der Urteilsbegründung. Die Spurenlage war eindeutig: Nie hätte Isabel T. mit dem heimtückischen Angriff gerechnet. Ihr Leichnam wurde erst am 2. Dezember entdeckt, als ihre Arbeitskollegen die Polizei riefen. Isabel T. fehlte seit einigen Tagen unentschuldigt an ihrem Arbeitsplatz. Claudio A. bleibt regungslos, als das Urteil verkündet wird, die Tante der Getöteten schluchzt im Zuschauersaal.

Richterin Barbara Richter-Zeininger blickt in der Urteilsbegründung zurück auf die Beziehung der beiden: Isabel T. und Claudio A. hatten sich im Oktober 2014 über Facebook kennengelernt, bereits im Dezember zogen sie zusammen. Ein knappes Jahr später war Eifersucht die zerstörerische Kraft: Der Angeklagte konnte nicht verschmerzen, dass ihm die 31-jährige Isabel T. im Oktober den Laufpass gegeben hatte.

Nach seiner Tat verwüstete Claudio A. die Wohnung, verstreute Kleider im Schlafzimmer und ging zu Fuß in die Innenstadt - er besuchte mit Freunden eine Diskothek. In den Tagen danach erzählte er seinen Freunden, seinen Kollegen und auch der Polizei, dass seine Freundin Isabel T. das Schloss der Tür ausgewechselt habe und er nicht mehr in die Wohnung käme. Auch am Arbeitsplatz der Isabel T. rief er an, behauptete, er habe bereits eine Vermisstenanzeige aufgeben - auch dies eine glatte Lüge.

Letzte Nachricht an Arbeitskollegin

Erst als die Arbeitskollegen der Frau die Polizei riefen, öffnete die Berufsfeuerwehr und die Polizei die Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Hinteren Marktstraße im Nürnberger Stadtteil Schweinau. Dort hing bereits Verwesungsgeruch in der Luft. Claudio A. hatte vor Gericht die Tat bestritten, in der tagelangen Beweisaufnahme wurden Indizien an Indizien gereiht - und in der Gesamtschau, so heißt es in der Urteilsbegründung, habe die Strafkammer keinen Zweifel daran, dass Claudio A. den Mord begangen hat. Die Blutspuren in der Wohnung belegen, dass der Angriff von hinten erfolgt ist - die Geschädigte muss auf dem Bett gesessen oder gelegen haben. Auch der Tatzeitpunkt war, aufgrund des Zustandes des Leichnams, für die Rechtsmedizin nicht eindeutig feststellbar - doch fest steht, dass Isabel T. am 20. Novemver noch gelebt hat.

Kurz nach 18 Uhr schrieb sie einer Arbeitskollegin per Textnachricht aufs Handy, dass sie gleich zu Hause sei. Sie wollte dringend mit ihr telefonieren. Auch das Handy des Angeklagten Claudio A. ist zu diesem Zeitpunkt in der Funkzelle am Tatort eingeloggt. Doch später meldet sich Isabel T. nicht mehr, ihr Handy ist aus, zu dem Telefonat mit der Kollegin kommt es nicht mehr, am nächsten Tag lässt sie - die von Zeugen als absolut zuverlässig beschrieben wird - einen Besichtigungstermin für eine neue Wohnung platzen. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass Isabel T. den Täter gekannt haben muss - denn den fingierten Einbruch gab es tatsächlich nicht.

Lügengebäude aufgebaut

Der Angeklagte hatte mit der verwüsteten Wohnung falsche Spuren gelegt - unter den im Schlafzimmer verstreuten Kleider verbargen sich Blutspritzer. Die Spuren, die auf einen Raubüberfall hindeuten sollte, sorge eher für Misstrauen, die Inszenierung war spürbar. Auffällig auch: Schmuck und Handys der Frau lagen offen herum, ein Räuber hätte all dies mitgenommen. Ganz bewusst habe der Angeklagte Claudio A. ein Lügengebäude aufgebaut, heißt es in der Urteilsbegründung: Mehreren Zeugen hatte er von seinem Diskobesuch am Tag der Tat erzählt, auch behauptet er, noch gesehen zu haben, wie in den letzten Novembertagen in Isabel T.'s Wohnung die Rollos rauf und runter gezogen wurden, das Licht ein und ausgeschalten wurde.

Doch Nachbarn schilderten genau das Gegenteil: Sie sahen Isabel T. nicht mehr, übliche Geräusche wie die Wasserspülung im Bad waren nicht mehr zu hören. Der Angeklagte hatte auch versucht, einen unbekannten Dritten ins Spiel zu bringen - vielleicht einen neuen Freund der Isabel T.? DNA ist leicht zu übertragen, ein Schweißtropfen in der Wohnung hätte gereicht. Doch für einen neuen Partner hat sich kein einzigen objektiver Hinweis in der Wohnung gefunden, auch im Freundes- und Kollegenkreis hatte Isabel T. nichts von einer neuen Liebschaft erzählt. Claudio A., der wegen Diebstahls, Stromklau und Fahren ohne Fahrerlaubnis bereits neun Vorstrafen hat, war in Nürnberg erst als Automatenauffüller tätig, später als Fahrer - ein Jahr konnte er vor seinem Arbeitgeber verbergen, dass er keinen Führerschein hat.

So wurde er in diesem Verfahren nicht nur wegen des heimtückischen Mord verurteilt, sondern auch wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Monatelang war er von Berufs wegen mit seinem Opel im Raum Nürnberg unterwegs, obwohl er keinen Führerschein hatte. Er wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt - da er als voll schuldfähig gilt, war keine andere Strafe als eine lebenslange Freiheitsstrafe möglich. Damit muss er mindestens 15 Jahre hinter Gitter.