Lebkuchen im Sommer — mancher mag’s

20.7.2010, 00:00 Uhr
Lebkuchen im Sommer — mancher mag’s

© Weigert

Entrüstet schüttelt ein kleines Mädchen den Kopf, sie würde niemals Lebkuchen im Sommer essen. Genau so sieht es Joschua, der die Martin-Luther-King-Grundschule besucht, und gerade mit seiner Klasse und der Lehrerin Christine Kunz die Nürnberger Altstadt erkundet. Seine Mutter kauft die ersten Lebkuchen „vielleicht zwei Wochen vor Weihnachten“, so der Junge. Er mag das schokoladeüberzogene Gebäck der Firma Lebkuchen Schmidt am liebsten, das im kleinen Laden am Markt zu haben ist.

Für Christine Kunz ist am 11. November Stichtag, vorher kommt die Weihnachtsnascherei nicht in die Tüte. Vor allem das frühe Angebot an Lebkuchen in Supermärkten findet sie „ganz grässlich“. Dennoch freuen sich die Nürnberger, dass zahlreiche Touristen aus aller Welt die Möglichkeit haben, sich mit der regionalen Spezialität auch außerhalb der Saison einzudecken. Und tatsächlich herrscht am Lebkuchenstand der Firma Jakob’s, der mitten am Hauptmarkt platziert ist, reger Andrang.

Eine Gruppe Französisch sprechender Rentnerinnen und Rentner mit Sonnenbrillen auf den Nasen und Hüten auf dem Kopf belagert den Stand. Offenbar können es die Touristen kaum erwarten, von einer der neu erstandenen Köstlichkeiten zu probieren.

Darüber kann die Nürnbergerin Helga Endres nur den Kopf schütteln. „Im Sommer brauch ich’s net“, meint sie nur. Ganz anders sieht das Angelika Evans. Sie besucht gerade ihren Bruder Joachim Scheyhing in der Frankenmetropole und gesteht: „Ich liebe Lebkuchen!“

Die Geschwister sind in Nürnberg groß geworden, und so ist klar, dass die Lebkuchen — am liebsten Elisen — für sie vom Feinsten sind, egal ob es heiß ist oder nicht. Evans lebt in Kalifornien, an einem Ort, wo das deutsche Produkt nur schwer zu haben ist.

Folglich schlägt die Auswanderin am Hauptmarkt zu, wenn sie alle ein bis zwei Jahre in die Heimat kommt. Auch ihr amerikanischer Mann kann vom Oblatengebäck nie genug kriegen, und so muss Schwager Scheyhing zu Besuch immer ein bis zwei Großpackungen mitbringen. „Die kann man problemlos einführen“, freut er sich.

Die Wahl-Amerikanerin öffnet die Schachteln jedoch nicht erst zur Adventszeit: „Ich ess’ die immer gleich, da kann ich nicht warten“, gesteht sie. Angelika Evans wird bei den derzeitigen Temperaturen garantiert zu den Sorten „Natur“ oder „Zuckerguss“ greifen — so wie die meisten Sommerkunden.

Von wegen Flaute

Mit ausgesprochenen Lebkuchen-Sommerkreationen kann kein Fabrikant aufwarten. Dafür preist die Firma Jakob’s das Oblatengebäck beispielsweise mit Geburtstagsmotiven beklebt an. Bei Lebkuchen Schmidt konzentriert man sich zurzeit auf ein Sommerprodukt: den Honig. Auch bei der Tochterfirma Wicklein ist man kreativ: Dort wurde der winterliche Glühweinausschank am Hauptmarkt kurzerhand zum Eisstand umfunktioniert.

Gegenfrage: Was machen eigentlich die Eisdielen im Winter? Die meisten steigen um auf Lebkuchen.