Lernen aus Neugier

15.1.2010, 00:00 Uhr

und trotzdem sehnen Ingrid Walschs Zwillingstöchter einen Schulwechsel herbei. Seit Mittwochabend schlafen die beiden Sechstklässlerinnen ein bisschen besser, weil ihr Traum wieder ein Stückchen nähergerückt ist.

Die beiden Mädchen träumen von einer Schule, in der man das Lernen gar nicht mitbekommt, erzählt ihre Mutter - genauso wie es die zwei damals in ihrer Grundschule erlebten. Der Jenaplan-Grundschule in der Pillenreuther Straße.

Am Mittwochabend hat Ingrid Walsch gemeinsam mit anderen Eltern den nächsten Schritt auf dem Weg zu einem Nürnberger Jenaplan-Gymnasium unternommen und eine gemeinnützige Genossenschaft gegründet, die als Träger des Gymnasiums fungiert. Wenn alles glatt läuft, soll die Privatschule im September ihre Türen öffnen.

Jenaplan - das bedeutet: Ganztagsschule, rhythmisierter, jahrgangs- und fächerübergreifender Unterricht, viel Projektarbeit und keine Noten. «Entdeckendes Lernen statt passiver Wissensaufnahme», so beschreibt Bernd Beisse, einer der drei neuen Vorstände, das Konzept, das auf Peter Petersen, einen Reformpädagogen der 20er Jahre, zurückgeht. Die Schüler des Jenaplan-Gymnasiums erwartet derselbe prall gefüllte Lehrplan wie am G 8, wenn sie das Abitur schaffen wollen - allerdings soll Neugier und nicht die Angst vor dem Versagen in der nächsten Schulaufgabe der Antrieb für das Lernen sein.

«Das G 8 ist zu schaffen», sagt Beisse. Wie es am besten zu schaffen ist, das haben sich Beisse und mehr als ein Dutzend weiterer Eltern von Jenaplan-Grundschülern in den vergangenen drei Jahren überlegt. Herausgekommen ist ein Konzept, das die traditionelle Jenaplan-Schule um zwei Elemente ergänzt: Dem Musik- und dem Sportunterricht soll im neuen Nürnberger Jenaplan-Gymnasium eine besondere Rolle zukommen. Beisse zitiert Studien, nach denen ein verstärkter Sport- und Musikunterricht die Aufnahmefähigkeit von Kindern verbessere.

Mit 100 Schülern der Jahrgangsstufen 5, 6 und 7 will man im September anfangen. Dem Jenaplan-Konzept entsprechend dürfen sich nicht nur Gymnasiasten, sondern auch Realschüler und Hauptschüler - wie Ingrid Walschs Töchter - um einen Platz an der Schule bewerben. Weil jeweils 25 Schüler von zwei Pädagogen betreut werden, könne die Schule integrativ sein und auch «Förderfälle» aufnehmen, erklärt Beisse. Körperbehinderte Kinder kommen genauso in Frage wie hochbegabte Schüler oder etwa Schüler mit Legasthenie, die an Gymnasien oft ausgesiebt werden.

«Keine Eliteschule»

Nach den gegenwärtigen Planungen werden Eltern für ein Schulkind mindestens 300 Euro monatlich berappen müssen. Zuschüsse vom Kultusministerium gibt es nämlich erst, wenn zwei Abiturjahrgänge erfolgreich gelaufen sind. Weil man aber keine «Eliteschule» sein möchte, sollen zehn Prozent des Etats in Stipendien gesteckt werden. Damit soll der Schulbesuch auch Kindern aus Familien ermöglicht werden, die sich das Schulgeld nicht leisten können.

Bis Ende März muss das Konzept beim Kultusministerium eingereicht werden, bis dahin soll auch die Standortfrage geklärt werden. Ende Mai hoffen die Initiatoren auf grünes Licht. Erste Bewerbungsgespräche mit Lehrern und Schulleitern wurden indes schon geführt. «Die Resonanz ist groß - bei Eltern wie bei Lehrern», sagt Beisse. Mit 400 Anmeldungen rechnet er bis Ende Februar. Zwei davon tragen den Namen Walsch.

Am 19. Januar findet um 19.30 Uhr im Südpunkt (Pillenreuther Straße 147) ein Informationsabend für Eltern statt.