Letzte-Hilfe-Kurse: Wo Menschen den Umgang mit Tod und Trauer lernen

11.10.2020, 05:53 Uhr
Eine Kerze zum Gedenken: Das Abschiednehmen von einem geliebten Menschen fällt schwer. Letzte-Hilfe-Kurse helfen beim Umgang mit Trauer und Tod.

© Eibner-Pressefoto/JFK via www.imago-images.de, imago images/Eibner Europa Eine Kerze zum Gedenken: Das Abschiednehmen von einem geliebten Menschen fällt schwer. Letzte-Hilfe-Kurse helfen beim Umgang mit Trauer und Tod.

Frau Münch, Sie preisen die „Letzte-Hilfe-Kurse“ als das „kleine Einmaleins der Sterbebegleitung“ an. Lässt sich der Umgang mit Trauer und Tod wirklich auf einen so einfachen Nenner bringen?

Judith Münch: Ja, durchaus, das finde ich schon. Es geht ja darum, dass sich die Menschen überhaupt mal über das Thema Gedanken machen und das funktioniert in unseren Kursen ganz gut.

Was genau lernt man denn da?

Münch: Man lernt, wie man sich als Angehöriger eines todkranken Menschen in den Sterbeprozess einbringen kann, ohne Angst davor haben zu müssen. Die meisten setzen sich ja leider mit dem Tod erst auseinander, wenn sie konkret damit konfrontiert sind. Vorher schieben sie es immer weiter vor sich her, nach dem Motto: „Das mache ich später, wenn ich älter bin.“ Das ist eben kein Thema, über das man gerne abends beim Bier spricht. Wenn man über den Tod redet, muss man sich mit der eigenen Endlichkeit beschäftigen, das wollen die meisten nicht.

Judith Münch ist Expertin in Sachen "Letzte Hilfe".

Judith Münch ist Expertin in Sachen "Letzte Hilfe". © Martina Schrenk, NN

Und die Kurse können das ändern?

Münch: Wir wollen damit das Thema stärker in die Gesellschaft holen und den Menschen die Ängste nehmen. Und das gelingt offenbar ganz gut. Das Konzept kommt aus Skandinavien, es wurde von dem Palliativmediziner Georg Bollig nach Deutschland geholt. 2015 fand der erste Pilotkurs in Schleswig statt, mittlerweile wurden mehr als 2000 Kursleiter geschult. Rund 9000 Menschen haben an dem Programm teilgenommen, auch unsere Nürnberger Kurse sind meistens ausgebucht. Und die Rückmeldungen sind sehr positiv. Viele Teilnehmer berichten, dass das Seminar ihnen geholfen hat und sie jetzt weniger Berührungsängste haben. Wir erreichen auch Jüngere, manche kommen, weil sie gerade konkret betroffen sind, andere einfach so.

Mit welchem Programm schaffen Sie das?

Münch: In den vierstündigen Kursen geht es zunächst um den Sterbeprozess als solchen. Dann stehen rechtliche Aspekte wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung auf dem Programm. Vor allem aber beschäftigen wir uns mit der Frage, wie man einem Sterbenden helfen und wie man später die eigene Trauer bewältigen kann. Man kann einiges tun und muss nicht nur still neben dem Bett sitzen. Gerade diese Passivität ist nämlich für viele Angehörige schwer.


Verwesen, pupsen, aufblähen - Was passiert nach dem Tod?


Geben Sie doch mal ein Beispiel!

Münch: Ganz wichtig und gleichzeitig relativ einfach ist die sogenannte Mundpflege. Viele Sterbende dürfen ja nichts mehr trinken, es hilft ihnen, wenn man ihre Lippen benetzt. Dafür kann man ein Wattestäbchen in eine x-beliebige Flüssigkeit tauchen und damit die Lippen befeuchten. Am besten eignet sich etwas, das der Sterbende immer gemocht hat – das kann auch ein Weizenbier sein. Auch sonst geht es darum, den Menschen etwas Gutes zu tun und dabei auf das zurückzugreifen, was der- oder diejenige mag. Das kann ein Lieblingsduft sein, die Lieblingsmusik, ein Buch oder die Zeitung, aus der man vorliest. Oft geht es da um ganz einfache Dinge. Wichtig ist es aber, zu gucken, ob der Sterbende diese Form der Zuwendung in diesem Moment auch wirklich will. Manchmal reicht es auch, einfach dazusitzen und die Hand zu halten.

Einsamer Abschied

Während des Lockdowns konnten sich viele Menschen nicht einmal von ihren sterbenden Angehörigen verabschieden. Wie hat sich die Pandemie auf die Arbeit der professionellen Begleiter ausgewirkt?

Münch: Auch wir mussten viel mit dem Telefon arbeiten oder uns außerhalb geschlossener Räume treffen, wenn das möglich war. Der Kontakt ist noch immer erschwert, Maske und Mindestabstand behindern die Kommunikation, weil gerade ältere Menschen auch auf die Mimik angewiesen sind. Manchmal müssen wir auch noch einen Schutzanzug tragen. Insgesamt ist der Aufwand höher geworden, auch für die Ehrenamtlichen. Ich finde es problematisch, wenn die Sorge vor Corona den Sterbeprozess überlagert. Sterbende darf man nicht allein lassen, ein gewisses Maß an Nähe muss auch in so einer Ausnahmesituation möglich sein.

Info: Über den Letzte-Hilfe-Kurs informiert Judith Münch am Mittwoch, 14. Oktober, um 18 Uhr. Auf dem Programm der Hospiz-Woche stehen weitere Vorträge, ein Konzert und ein Kinoabend. Zu allen Veranstaltungen muss man sich anmelden. Infos unter www.hospizundpalliativwoche.hpz-nürnberg.de

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