Mit ausgefeilter Technik und Muskelkraft ans Ziel

12.8.2016, 19:38 Uhr
Mit ausgefeilter Technik und Muskelkraft ans Ziel

© Horst Linke

Es sind unglaubliche Massen an Gepäck, die in den Sommerferien am Nürnberger Flughafen verladen werden müssen. Und trotzdem schaffen es die Mitarbeiter der Gepäcksortieranlage, bis zu 2600 Koffer pro Stunde zu verladen. Wenn es sein muss, dann schaffen sie es sogar, einen Koffer in rekordverdächtigen 25 Minuten vom Schalter bis in den Bauch des Flugzeugs zu bekommen. Fehler passieren fast nie. "Die Wahrscheinlichkeit, dass wir einen Koffer nicht in das richtige Flugzeug packen oder sonst etwas schief geht, liegt bei 0,01 Prozent", sagt Matthias Reubel. Er ist der Abteilungsleiter des Gepäckdienstes und stolz: "Das ist einer der Spitzenwerte an deutschen Flughäfen."

Wie aber erreicht man diesen Wert in Nürnberg? Zunächst einmal passiert mit allen Koffern am Check-in das Gleiche: sie werden gewogen, bekommen einen Aufkleber mit einem Barcode und werden auf einem Förderband in den Backstage-Bereich des Flughafens transportiert. Je nachdem, ob man nun in der Abflughalle 1 oder in Halle 2 seine Reise antritt, ist dieses Band 200 oder 370 Meter lang. Beide Förderanlagen führen in eine der beiden Gepäcksortieranlagen. Diese sehen auf den ersten Blick wie eine Aneinanderreihung von Förderbändern aus – in ihnen steckt jedoch modernste Technik, die über riesige Server mit Systemen der Airlines verbunden ist. Vor fünf Jahren hat der Flughafen die Anlagen erneuert. Kostenpunkt pro Anlage: rund eine Million Euro.

Mit ausgefeilter Technik und Muskelkraft ans Ziel

© Horst Linke

Was aber macht die Anlagen so besonders? Der Scanner etwa, der am Barcode blitzschnell erkennt, in welche Rutsche er die Koffer hineinmanövrieren muss. Zack – liegt das Gepäck da und wartet darauf, von einem Mitarbeiter in den passenden Container gehievt zu werden. Es steckt aber noch viel mehr dahinter. Schließlich kommt es in der Sortieranlage nicht nur darauf an, dass der Koffer im richtigen Flieger landet. Nein, er muss auch noch an der richtigen Stelle im Flieger landen. Je nachdem, ob ein Passagier schnell zu einem Anschlussflug muss oder der Zielflughafen schon das Reiseziel ist, werden die Gepäckstücke an unterschiedliche Stellen gepackt. Und es geht sogar noch komplizierter. "Istanbul ist so ein Beispiel", sagt Reubel. Der Flughafen dort ist ein riesengroßes Drehkreuz. Passagiere fliegen von Nürnberg aus dorthin, um dort zu bleiben, oder sie wollen einen Anschlussflug erwischen. Je nachdem, ob dieser nun innerhalb der Türkei stattfindet oder zu internationalen Destinationen soll, muss der Koffer anders verladen werden. "Bei First-Class-Passagieren gibt es wieder ein anderes Vorgehen", so Reubel, "die sollen ihre Koffer schließlich besonders schnell zurückbekommen."

Echte Knochenarbeit

Dass das alles reibungslos funktioniert, darum kümmert sich die Technik. Und natürlich die Gepäcksortierer – sie sind die wahren Helden der Fliegerei. Im Schichtbetrieb leisten sie echte Knochenarbeit, hieven die Koffer in die richtigen Container. "Körperliche Fitness ist hier Voraussetzung", sagt Reubel. Im Sommer, wenn es richtig heiß ist, stellt die Flughafenfeuerwehr für sie eine Außendusche auf. Wenigstens ein wenig Abkühlung bei der schweißtreibenden Arbeit – die Frauen übrigens gar nicht verrichten dürfen. "Das schreibt sogar der Gesetzgeber so vor", sagt Reubel.

Diesmal haben die Mitarbeiter der Sortieranlage Glück. Die A 321 der Air Berlin, die soeben gelandet ist und gleich wieder in Richtung Mallorca abheben soll, kann relativ einfach bepackt werden. In den Bauch des Fliegers kann man per Hubwagen und Rollen gleich ganze Container einladen, die in Palma dann eben wieder ausgeladen werden. Die Containerlösung spart Zeit und Kraft, ist aber noch längst nicht selbstverständlich. Es gibt immer noch Flugzeuge, bei denen jedes Gepäckstück an der Maschine einzeln verladen werden muss. Außerdem: Viel Platz ist im Flugzeugbauch nicht. "Da stemmt man dann eben schnell mal auf Knien oder gebückt 200 Koffer", sagt Reubel. Manchmal müssen auch noch Ballastsäcke mit verladen werden. Vor allem bei kleineren Maschinen komme dies vor, so der Gepäckanlagen-Profi. "Die Maschine muss schließlich stabil sein", sagt er. Dass es beim Hochsicherheitstrakt Flughafen sogar dafür besondere Vorschriften gibt, ist fast schon logisch. "Die Säcke wiegen 25 Kilo und sind mit Kieselsteinen gefüllt", sagt Reubel. Die müssen sogar eine bestimmte Körnung haben. Der Grund: "Sind sie nämlich zu klein und ein Sack geht auf, dann hätte das Flugzeug buchstäblich Sand im Getriebe", so Reubel.

Diesmal ist das nicht nötig. Lediglich das Sperrgepäck muss einzeln über ein Förderband ins Flugzeuginnere transportiert werden. Buggys, Kindersitze und Co. bekommen eben eine Sonderbehandlung. Was sonst noch so an Sondergepäck anfällt? „Im Winter nehmen Passagiere auf dem Weg in den Süden manchmal sogar echte Weihnachtsbäume mit“, erzählt Reubel.

Während das Gepäck aus- und eingeladen wird, steigen die Passagiere aus. Kaum sind sie weg, rückt die Putzkolonne an und macht alles frisch für die nächsten Gäste. Gleichzeitig kommt ein Wagen, der den Inhalt der Bordtoilette aussaugt, einer, der das Flugzeug mit Frischwasser betankt und natürlich das Cateringunternehmen, das die Verpflegung für die nächsten Passagiere bringt. Kerosin darf natürlich auch nicht fehlen. Die Maschine kommt aus Palma de Mallorca und soll auch gleich wieder gen Balearen abheben. 8,8 Tonnen Kerosin gehen da schnell mal in den Tank.

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