Ärger über Kundenservice

Mit dem Bus nach Nürnberg? Verhinderter Fahrgast kritisiert den VGN

8.11.2021, 08:22 Uhr
Manche Fahrgäste haben ihre liebe Mühe mit Fahrkartenautomaten (Symbolbild). Was sollen sie aber tun, wenn es an ihrer Haltestelle nicht mal einen Automaten gibt? So erging es einem Oberasbacher, der nach Nürnberg fahren wollte.

© Günter Distler, NNZ Manche Fahrgäste haben ihre liebe Mühe mit Fahrkartenautomaten (Symbolbild). Was sollen sie aber tun, wenn es an ihrer Haltestelle nicht mal einen Automaten gibt? So erging es einem Oberasbacher, der nach Nürnberg fahren wollte.

Eigentlich wollte er an einem Samstagnachmittag nur gemütlich mit der Buslinie 71 nach Nürnberg fahren. Da es an der Haltestelle Oberasbach Rathaus aber keinen Fahrkartenautomaten gibt, wählte Karl-Heinz Retzmann (Name von der Redaktion geändert) am Vormittag die Nummer des Servicetelefons des VGN.

Die Infos, die er von der Frau am anderen Ende der Leitung erhielt, ärgern ihn auch Tage später noch. Er könne ein Ticket am Bahnhof lösen, sei ihm mitgeteilt worden. Das geht natürlich, allerdings ist der Bahnhof zu Fuß knapp zweieinhalb Kilometer vom Rathaus entfernt - einfach wohlgemerkt. Eine praktikable Lösung sieht für ihn anders aus.

Also hakte Retzmann nach, ob er nicht beim Busfahrer ein Ticket lösen könne. Das hänge vom jeweiligen Fahrer ab, so die Antwort. Es könne sein, dass der ihn zur nächsten Haltestelle mitnehme, an der es einen Fahrkartenautomaten gibt. Ob er dort aber auch warte, bis Retzmann sein Ticket gelöst hat, sei nicht klar.

Widersprüchliche Angaben

"Als ich mir den Hintergrund erklären lassen wollte", erzählt Retzmann, "sagte die Frau: 'Ich denke, den kennen Sie ganz genau: Corona.'" Doch dem 54-Jährigen erschließt sich der Zusammenhang mit der Pandemie keineswegs. Er zieht einen Vergleich mit einem Discounter, bei dem man nur Lebensmittel kaufen könne, wenn man vorher im Internet einen Gutschein heruntergeladen hätte. Da sich der potenzielle Fahrgast - auch mit Blick auf den 40-Minuten-Takt am Samstagnachmittag - nicht der Willkür eines Fahrers aussetzen wollte, nahm er schließlich doch das Auto.

Aber wie ist der Kartenverkauf im Bus zurzeit offiziell geregelt? Online gab es zuletzt widersprüchliche Angaben. Auf der Homepage des VGN war zu lesen, dass eine Einzelfahrkarte beim Busfahrer gekauft werden könne. Nach einem Hinweis unserer Redaktion steht nun in Klammern dahinter, dass diese Regelung nicht im Stadtverkehr Nürnberg gelte. "In Nürnberg geht es also nicht, bei infra fürth kann ich aber ein Ticket beim Fahrer kaufen? Sind die etwa viel verantwortungsloser? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt", kann es Retzmann nicht glauben.

Corona und die Folgen

"Der Fahrscheinverkauf beim Fahrer im Bus ist seit Mitte März 2020 eingestellt. Er war und ist immer noch ein Teil unseres gesamten Hygienekonzepts, das der Eindämmung der Pandemie dient", klärt Barbara Lohss auf. Dazu gehören laut der VAG-Sprecherin unter anderem die Maskenpflicht und der Einsatz größtmöglicher Fahrzeuge. Gleichzeitig sollen, wenn technisch möglich, alle Türen geöffnet werden und ein stetiges Lüften über Klima- und Heizungsanlagen gewährleistet werden. Neben der Reinigung des Fahrzeugs werde im Inneren ein Imprägnierspray aufgetragen, um Viren und Bakterien zu töten.

"In Nürnberg ist die Situation durch das hohe Verkehrsaufkommen grundlegend anders als zum Beispiel in Regionen mit einer sehr geringen Verkehrsdichte", erklärt Lohss. Der eingestellte Verkauf beim Fahrer führe dazu, dass die Fahrgäste alle Türen nutzen und sich optimal verteilen. Weil niemand vorne bezahlt, blieben die Fahrzeiten möglichst kurz. "Nicht zuletzt profitieren alle Fahrgäste von einer flüssigeren Betriebsabwicklung und einer gesteigerten Pünktlichkeit sowie Anschlusssicherheit." Die seit eineinhalb Jahren andauernde Situation, dass beim Fahrer kein Verkauf mehr stattfindet, habe sich gut eingespielt, betont Lohss und ergänzt: "Es gibt kaum Beschwerden deshalb."

Was ist mit den Älteren?

Retzmann weiß, dass er Tickets auch online oder über die App kaufen kann. "Das ist unter Druck aber nicht praktikabel", sagt er und winkt ab. Er möchte spontan entscheiden können, wann er mit dem Bus fährt. Nicht immer habe er die Zeit, sich bereits im Vorfeld darum zu kümmern. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Leute den ÖPNV nutzen sollten, war er irritiert über die Aussagen am Servicetelefon. Ihm geht es auch um ältere Menschen, die nicht gut zu Fuß oder mit dem Internet überhaupt nicht vertraut sind.

Laut Barbara Lohss hätte sich Retzmann "einfach ein Ticket bei der Verkaufsstelle am Rathaus in Oberasbach kaufen können. Diese wurde bis Ende Januar 2020 von der VAG betrieben und dann von der infra fürth übernommen". Lohss verweist auf die Internetseite www.vgn.de/service/kundenbueros-verkaufsstellen Dort sind sämtliche Kundenbüros und Verkaufsstellen verzeichnet.

Die jeweiligen Öffnungszeiten listet die Seite allerdings nicht auf. Lohss' Hinweis, dass die Verkaufsstelle in Oberasbach samstags von 8.30 bis 13 Uhr geöffnet sei, hätte Retzmann ohnehin kaum geholfen. Er wollte erst am Nachmittag fahren und fragt sich, was Fahrgäste sonntags tun sollen, wenn das Geschäft komplett geschlossen sei.

Auf Vorrat kaufen

Generell empfiehlt Lohss, sich einen kleinen Vorrat an Tickets zulegen: "Zudem kostet eine Fahrt beim Kauf eines 4er-Tickets umgerechnet genauso viel wie das Onlineticket für eine Einzelfahrt. Man spart also etwas Geld gegenüber dem Kauf beim Fahrer oder am Automaten."

Das sei durchaus richtig, räumt Retzmann ein, gehe aber am Problem vorbei: "Es muss doch auch eine Lösung für den Spontankunden gefunden werden", fordert er. Er kann weiterhin nicht fassen, dass sich VAG und VGN strukturell die Gelegenheit entgehen ließen, neue Kunden zu gewinnen.