"Mord zum Frühstück": Kapitel Sieben - C. Marmulla

4.8.2011, 17:42 Uhr

Diana Held hatte ihn unter die Aufsicht von Frau Oberst gestellt, vorsichtshalber. Als sie deren Büro betraten, befand sich diese gerade in einem angeregten Gespräch mit einem Mann, den Kants Erfahrung gleich in die Altersgruppe über die 50 einordnete. Bevor Frau Oberst etwas sagen konnte, übernahm Kant das selber. „Herr Luschinski, nehme ich an.“ Er reichte ihm die Hand. Höflich stand Herr Luschinski auf und ergriff Kants Hand. Dem geübten Kommissar entging nichts. Sein Blick wanderte zu einem metallisch glänzenden Etwas an seiner Hand.

Ein kupferner Armreif versetzte Kant in Hochspannung. Dort konnte man reihenweise diese einseitig offenen Quadrate hübsch angeordnet sehen. Herr Luschinski war eine äußerst gepflegte Erscheinung, perfekt gekleidet in einem dunklen Anzug mit modischer Krawatte, das leicht ergraute Haar zurückgekämmt, und das alles mit einem wohl dosiertem Lächeln im Gesicht. „Ja, das ist richtig.“ Frau Oberst ergänzte spontan, wohl ahnend, was Kant nun unbedingt wissen musste. „Also zum einen, Herr Kant, ich habe das überprüfen lassen, der Ausweis stimmt, es ist Herr Luschinski. Zum anderen, während Sie in der Pathologie waren, habe ich mich ausführlich mit Herrn Luschinski unterhalten und ihn auch gleich beruhigt, dass es seiner Frau Jekaterina gut geht und dass – wo ist sie eigentlich? Haben Sie sie nicht mitgebracht?“

Kant reagierte sofort.. „Frau Jekaterina Luschinskaya wollte noch einen Moment in der Pathologie bleiben. Die Tote ist nämlich“, und sein Gesicht versuchte sein Bedauern auszudrücken, als er Herrn Luschinski prüfend in die Augen blickte, „und das tut mir leid, es Ihnen sagen zu müssen, die Adoptivschwester Ihrer Frau. Mein Beileid.“ Während Frau Oberst mit einem „O wie furchtbar“ ihren Gefühlen Ausdruck verlieh, hielt sich die Trauer von Herrn Luschinski in Grenzen. „Welche von beiden ist es denn?“ Nun war auch Kant verblüfft. Es gab dann wohl zwei Schwestern seiner Frau. Aber da waren noch mehr Fragen. „Wir waren doch in Ihrer Wohnung, und ein Herr Luschinskaya oder Luschinski hat uns dort begrüßt. Und dieser Mann hat in der Pathologie ausgesagt, dass die Tote nicht seine Frau sei.“

Kant fühlte sich unwohl. Zu viele ungeklärte Fakten auf einmal, und das am Anfang einer Woche. Frau Held stellte nun die entscheidende Frage. „Haben Sie einen Bruder, oder einen anderen männlichen Verwandten hier in Nürnberg?“ „Hier in Nürnberg? Nein, nicht dass ich wüsste. Meine ganze Familie ist vor einigen Jahren nach Süditalien ausgewandert, Neapel, wissen Sie.“ Jetzt wusste Kant, warum es sich unwohl fühlte. Neapel! Eine Wahnsinnsarbeit dort herauszufinden, ob jemand von dieser Familie dort lebte, und wenn ja, wer das sein könnte. Aber da war ja noch eine Frage: „Sagen Sie mal, Herr Luschinski, was bedeutet denn dieses auf einer Seite offene Quadrat?“ Er deutete auf die Hand mit dem Armreif.