N-Ergie: Hat sich Ex-Vorstand mit Strom verzockt?

4.7.2009, 00:00 Uhr
N-Ergie: Hat sich Ex-Vorstand mit Strom verzockt?

© Archivf.: Daut

Der Energieversorger, zu knapp 60 Prozent in Besitz der Stadt Nürnberg, hatte Mitte der Woche überraschend mitgeteilt, dass man sich auf einen Auflösungsvertrag mit Fieml geeinigt habe. Als offizieller Grund wurden unterschiedliche Auffassungen über strategische Unternehmensentscheidungen angegeben. Auch soll die Chemie in der Konzernspitze sowie mit der Mitbestimmung nicht mehr gepasst haben. Das bestätigt Aufsichtsrats-Chef und Oberbürgermeister Ulrich Maly unserer Zeitung. Die Verlustzahlen will er aber so nicht bestätigen. Er meint, man könne nicht ein Quartal isoliert herausgreifen.

Drastischer Preisverfall

Laut Medienberichten soll Fieml als Vertriebschef langfristige Stromlieferverträge ausgehandelt haben in der Erwartung, dass der Strompreis – analog zum Ölpreis – weiter steige. Durch den unvorhersehbaren drastischen Preisverfall auf dem Ölmarkt seit Mitte 2008 ist diese Rechnung aber offenbar nicht aufgegangen. Während andere Versorger ihre Kontingente wieder auf den Markt gebracht hätten, habe Fieml die N-Ergie-Kapazitäten gehalten. Dadurch soll dem Versorger ein Verlust von bis zu 50 Millionen Euro entstanden sein. 2008 betrug das Ergebnis 108,6 Millionen Euro.

Fiemls Vertrag wäre eigentlich noch 14 Monate gelaufen. Vorstand und Aufsichtsrats-Spitze hatten ihm aber dem Vernehmen nach signalisiert, dass es 2010 keine Verlängerung geben werde. Da er über wichtige Geschäfts-Informationen verfügt, kam es zur sofortigen Auflösung. Das sei bei Vertriebsvorständen, anders etwa als bei Personal-Chefs, so üblich, sagt ein Insider. Beide Seiten haben Stillschweigen vereinbart.

«Personalentscheidungen kommentiere ich nicht»

Mit den Gerüchten über die hohen Verluste konfrontiert, verweigert Vorstands-Vorsitzender Herbert Dombrowsky gegenüber den Nürnberger Nachrichten die Auskunft. «Personalentscheidungen kommentiere ich nicht», wiegelt der Konzern-Chef, der auch Vorstand der Städtischen Werke ist, Fragen ab. Es gebe beim Stromeinkauf immer Plus und Minus, beschwichtigt er. Auch Maly verweist auf Schwankungen und den enormen Preisverfall ab Oktober 2008.

Beide wollen erst am Jahresende Bilanz ziehen. Das Unternehmen habe in keiner Situation die Notwendigkeit gesehen, eine Gewinnwarnung herauszugeben. Ob die hohe Summe zutreffe: Dombrowsky will auch nach mehrmaliger Nachfrage zu den Zahlen keine Stellungnahme – auch kein Dementi – abgeben. Der Aufsichtsrat sei über die Personalie aber informiert worden, meint er.

Kein Wort über mögliche Millionenverluste

Dies betrifft aber laut Aufsichtsratskreisen nur die Vertragsentscheidung. Über mögliche Millionen-Verluste sei nicht gesprochen worden. «Ich habe davon erst in der Zeitung gelesen», sagt ein Aufsichtsrats-Mitglied.

Die Grünen-Fraktion verlangt nun im Stadtrat Aufklärung darüber. Fraktions-Vize Christine Seer will die genauen Gründe für die Vertragsauflösung wissen und fragt, ob es zu «Spekulationsverlusten von 20 bis 40 Millionen Euro» gekommen sei. Sie interessiert auch, ob es noch eine Abfindung wegen der Auflösung für Fieml gibt. Die Rede ist von einem Jahresgehalt. (Siehe StandPunkt Seite 10)