Nach der Wahl: In Nürnberg steht viel auf dem Spiel

18.3.2014, 15:32 Uhr
Nach der Wahl: In Nürnberg steht viel auf dem Spiel

© Roland Fengler

Angesichts seines fulminanten Wahlsiegs: Bleibt OB Ulrich Maly tatsächlich die ganze Wahlperiode im Amt? Wie ist das Wahldesaster der CSU zu erklären und wie geht es mit ihrem Spitzenkandidaten Sebastian Brehm weiter? Welche Strategie verfolgt die SPD, die im Stadtrat mehr gewonnen hat, als sie es selber erwartet hatte? Die NZ hörte sich bei den Kontrahenten um – eine Momentaufnahme am Tag nach der Wahl.

Markus Söder, CSU-Bezirksvorsit­zender und Finanz­minister des Frei­staats:

„Der Wahl­kampf war einer der besten, den wir je gemacht haben. Zu 80 Prozent hat die Persönlichkeit bei der Wahl eine Rolle gespielt und Maly hat letztlich gezogen. Das Ergeb­nis ist nicht das der CSU oder der SPD, sondern das von der Person Maly. Starke Grüne wie in anderen Großstädten hätten das Ergebnis rela­tiviert. Trotzdem: Es ist ein klarer Erfolg für die SPD und für Maly. Es ist jetzt ganz Sache der SPD, wie es weitergehen soll. Dass wir einer engen Kooperation skeptisch gegenüberste­hen, ist klar. Es ist schon so, dass wir in den letzten Jahren die Kärrnerar­beit gemacht haben und Teile des Erfolgs hat dann die SPD abgeräumt.

Die CSU wird immer nur das machen, was der Stadt nützt. Wir machen weder eine Blockade und wir werden uns auch nicht beleidigt in den Schmollwinkel zurückziehen. Wir zie­hen auch keine angekündigten Projek­te zurück. Das gilt auch für meine Per­son. Wir tun das, was für Nürnberg richtig ist und nicht das, was taktisch ist. Ich werde den Parteigremien vorschlagen, dass Sebastian Brehm Fraktionsvorsitzender bleibt, denn er ist ein Kandidat mit Perspektive, das sieht man auch an Josef Schmidt in München. Wir haben einen langen Atem.“

Sebastian Brehm, OB-Kandidat der CSU:

„Wir haben unsere Anhänger nicht an die Wahlurne bekommen. Wir müssen es zwar noch genauer ana­lysieren, doch schon jetzt ist klar, dass Maly eine doppelt so hohe Wahlakti­vierungsquote hatte als wir. Wahr­scheinlich sind wir auch mit unseren Themen nicht so nach außen gedrun­gen, wie ich mir es gewünscht habe. In einer Kooperation ist es schwierig, die eigenen Themen zu platzieren. Es war auch zu wenig Zeit, meine Person bekanntzumachen. Beim Oberbürger­meister liegt jetzt der Stein im Gar­ten, wie es mit der Kooperation weiter­geht. Ich bin aber eher skeptisch und glaube, dass Maly eine Kooperation mit uns nicht mehr will. Fraktionsvor­sitzender will ich bleiben.“

Christian Vogel, SPD-Fraktionsvor­sitzender:

Ich war mir sicher, dass Maly gewinnt, aber nicht so deutlich. Dass die SPD ihr fast schon historisch gutes Ergebnis von 2008 noch einmal verbessert, das hätte ich nicht erwar­tet. Das Ergebnis ist auch eine Bestäti­gung meiner Arbeit als Fraktionsvor­sitzender. Ich glaube, es hat die Menschen genervt, dass die CSU, egal, was gemacht wurde, Markus Söder im Schlepptau hatte. Die Menschen haben es geschätzt, dass wir auch ein­mal gesagt haben, das eine oder ande­re Vorhaben können wir uns nicht leis­ten. Die SPD hat unaufgeregt ihre Zie­le, wie einen soliden Haushalt, den Ausbau der Kinderbetreuung und den kreuzungsfreien Ausbau des Franken­schnellwegs verfolgt. Die Grünen sind mir im Stadtrat so lieb wie die CSU. Die SPD hat einen Katalog von The­men erarbeitet und auf dieser Basis werden wir mit der CSU und den Grü­nen reden.

Am Ende werde ich der Par­tei einen Vorschlag machen, mit wem wir das meiste aus unserem Wahlpro­gramm durchsetzen können. Ein ent­scheidender Punkt wird sein, auf wen ich mich sechs Jahre verlassen kann und wer mich nicht drangsaliert. Fair­ness, Sachlichkeit und Miteinander werden ganz entscheidende Punkte sein. Ob Grüne oder Schwarze, das entscheide nicht ich, sondern die Partei im April. Die Partei wird auch entscheiden, wie es für mich wei­tergeht. Durch das gestrige Ergebnis fühle ich mich eigentlich in mei­nem Amt als Frak­tionsvorsitzender gestärkt. Aber, die SPD muss entschei­den, wo sie mich einsetzt. Es kann das Amt des Bürgermeisters oder des Frak­tionsvorsitzenden sein oder auch kei­nes von beiden. Maly wird aber sechs Jahre im Amt bleiben. Der alte und neue OB wird auch zu 99,9 Prozent nicht der nächste Vorsitzende der bayerischen SPD werden. Zu 99,8 Pro­zent wird er auch nicht SPD-Spitzen­kandidat bei der Landtagswahl.

Ulrich Maly, Oberbürgermeister:

„Ich bin kein Mensch, der zu über­schießender Euphorie neigt. Ich genie­ße still mein gutes Ergebnis.“ Auf die Frage, ob er sechs Jahre als OB in Nürnberg bleibt, antwortet Maly ohne Einschränkung mit einem klaren „Ja“. Trotz des sehr guten Wahlergeb­nisses will Maly keine neuen Schwer­punkte in seiner künftigen Arbeit set­zen. Angesprochen auf neue Bündnis­se bekommt man die Antwort: „Mit Bündnispartnern hat man es nie leicht. Nach der Auszählung werden wir mit der CSU, den Grünen und wahrscheinlich einem liberalen Ein­zelkämpfer reden.

Natürlich haben sich die Gewichte zwischen SPD und CSU dramatisch verschoben, das muss man berücksichtigen. Es gibt aber keine Geheimkoalitionen. Es gibt Verhandlungen ohne Vorfestle­gungen und die SPD wird dabei schau­en, wo sie am meisten durchsetzen kann. Wenn die Grünen sagen, sie bau­en den Frankenschnellweg nicht mit, dann sind die Gespräche schnell been­det. Das hatten wir schon vor sechs Jahren. Für die CSU wird es schwieri­ger, denn sie bekommen intern die Diskussion, war es falsch mitge­macht zu haben oder nicht. Als noch mal kleiner gewordener Part­ner wird die CSU nicht einfacher wer­den. Man muss schauen, wie sich das entwickelt.“

Achim Mletzko, OB-Kandidat der Grünen und Frak­tionsvorsitzender:

„Wenn man das Wählervotum ansieht, dann denke ich doch, das Rot-Grün der Gewinner der Wahl ist. Ich gehe davon aus, dass die SPD mit uns reden wird. Wie verbindlich das ist, das kann ich nicht sagen. Zwischen den besonnenen Kräf­ten in der SPD und uns besteht schon der Wunsch, dass sich einmal etwas ändert. Entscheidend ist die Haltung des Oberbürgermeisters, der am Wahlabend aber unterschiedliche Signale ausgesendet hat. Auf der einen Seite hat er die CSU eingeladen, wieder Verantwortung zu überneh­men. Auf der anderen Seite hat er gesagt, dass auch mit den Grünen Gespräche geführt werden.

Der Frankenschnellweg ist für uns defini­tiv kein Problem mehr, weil wir den Formelkompromiss jetzt haben, dass der Frankenschnellweg bei Gericht liegt und es wird das gemacht, was die letzte Instanz entscheidet. Wenn das Gericht vielleicht mit Auflagen fest­stellt, dass er gebaut wird, dann wird er gebaut. Wenn eine Letztinstanz zu dem Schluss kommt, dass er eine Autobahn ist, dann wird er nicht gebaut. Für die Grünen ist der Fran­kenschnellweg so weit bei Gericht, dass er für die Kommunalpolitik weitgehend erledigt ist. Wenn die Richter zu dem Schluss kommen, dass das Planfeststellungsverfahren recht­mäßig ist, das ist der schlimmste Fall aus unserer Brille betrachtet, dann besteht Baurecht und dann gibt es auch keine demo­kratisch legitimier­ten Möglichkeiten, den Bau zu verhin­dern. Dann wird selbstverständlich gebaut. Der Fran­kenschnellweg würde dann tat­sächlich von Rot-Grün gebaut. Das ist ein Witz der Geschichte, aber manchmal ist es so. Man müsste mit der Lupe nach Proble­men zwischen Roten und Grünen suchen.

Die Nordanbindung ist weg, weil wir das PFT nicht aus dem Boden bekommen und die SPD hat den Antrag für die Ausweitung des Bannwalds am Hafen gestellt. Auch wird die U-Bahn fertiggebaut. Ich kann mir keine Knackpunkte vor­stellen. Wir wollen eine sachliche und ordentliche Politik machen und den Nürnbergern klarmachen, dass Rot-Grün die Regierung stellt und nicht so, wie es die CSU gemacht hat, immer nur dann, wenn es ihr gepasst hat. Ich will mit der SPD keine Ko­operation, sondern eine feste Zusam­menarbeit.“

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