Narren trotz Corona: Kommt jetzt der Fasching im Freien?

10.11.2020, 05:55 Uhr
Die "Selleriegarde" der Karnevalsgesellschaft Buchnesia aus Nürnberg gehört mit zum Künstlerstamm in Veitshöchheim. Jetzt im November kann die Garde wegen des Lockdowns nicht trainieren, auch die Turniere fallen aus.

© Roland Fengler, NN Die "Selleriegarde" der Karnevalsgesellschaft Buchnesia aus Nürnberg gehört mit zum Künstlerstamm in Veitshöchheim. Jetzt im November kann die Garde wegen des Lockdowns nicht trainieren, auch die Turniere fallen aus.

Wenn der Zeiger am Martinstag, dem 11.11., auf 11.11 Uhr springt, beginnt etwas, was Manfred Ruff als "ganz traurige Saison" bezeichnet. Kein Sturm aufs Rathaus, kein Konfettiregen, keine Narreninthronisation. Für den Vorsitzenden der Karnevalsgesellschaft Buchnesia findet Fasching diesmal "zu 99 Prozent nicht statt". Corona hat die Herzensangelegenheit des über 300 Mitglieder zählenden Vereins pulverisiert.

Abstand halten in der 5. Jahreszeit – ein Witz. Schunkeln – unmöglich, Bussi-Bussi – verboten. Nix geht, heißt es bei den Narren. Die Athletinnen der "Selleriegarde" der Buchnesia, durch ihre Auftritte bei der "Fastnacht in Franken" in Veitshöchheim einem Millionenpublikum bekannt, haben zwar das Jahr über fleißig unter Auflagen trainiert: Lüftungspausen und Distanzen wurden strickt eingehalten. Auch die Kinder- und Jugendgarden gewöhnten sich an diese Art von Training.


+++ Fränkische Faschings-Narren wollen Corona trotzen +++


Erika III. (Erika Schuh) und Sebastian I (Sebastian Müller), das Prinzenpaar von 2019, müssen weiter amtieren, obwohl es so gut wie keine Auftrittsmöglichkeiten gibt.

Erika III. (Erika Schuh) und Sebastian I (Sebastian Müller), das Prinzenpaar von 2019, müssen weiter amtieren, obwohl es so gut wie keine Auftrittsmöglichkeiten gibt. © Roland Fengler, NN

Doch ausgerechnet jetzt, im Auftaktmonat des Karnevals, sind Treffen untersagt. Damit sind nicht nur ihre Auftritte, Faschingsbälle und Prunksitzungen tabu, auch die gesamte sportliche Saison fällt aus. Turniere und die Deutschen Meisterschaften für Garden und Tanzmariechen wurden ersatzlos gestrichen.

Halbleere Säle rechnen sich nicht

Die geplante Prunksitzung der Buchnesia am 30. Januar hat Vorsitzender Ruff zwar noch nicht abgesagt, "aber sie wird nicht stattfinden". Gemietete Säle statt mit den üblichen 500 bis 600 Gästen nur mit 130 Feiernden zu besetzten, rechne sich nicht, sagt er. So oder so ähnlich ist es auch bei den anderen 15 Gesellschaften zu vernehmen, die sich unter dem Dach des "Festausschusses Nürnberger Fastnacht e.V." (FAN) zusammengefunden haben.

"Den Fasching, wie wir ihn bisher kannten, gibt es nicht mehr", sagt die zweite FAN-Vorsitzende Brigitte Saal-Kerschbaum. Ob es jemals wieder so lustig werde wie früher, sei fraglich. Die Vereine hatten geplant, wenigstens intern die Saison zu eröffnen, "aber jetzt haben wir den Lockdown", sagt sie. Fast alle Faschingsgesellschaften haben für die Übungseinheiten ihrer Showgruppen bis hin zum Männerballett Nebenräume von Gastwirtschaften gemietet, doch die haben zwangsweise zu. Wie lange das so bleibt, ist fraglich.

Auch die "Tollen Tage" sind gestrichen

Der Festauschuss kürt jährlich ein Prinzenpaar und trainiert eine Prinzengarde. Corona sorgt nun für eine kuriose Situation: Weil keine neuen königlichen Hoheiten gekrönt werden können, bleiben Erika III. und Sebastian I., die Majestäten des Vorjahres, weiter im Amt.

Auftrittsmöglichkeiten wird das Prinzenpaar kaum haben. Und auch die "Tollen Tage" auf dem Hauptmarkt zum Faschingsendspurt Mitte Februar sind gestrichen, darauf hat man sich mit der Stadt bereits verständigt. Ein Schlag ins Kontor, nicht nur für die Faschingsvereine, sondern wiederum für die Schausteller, die um Einnahmen bangen.

Michl Müller, einer der Stars der Kultsendung "Fastnacht in Franken" aus Veitshöchheim, hat für heuer unbeirrt einen Faschingssong komponiert.

Michl Müller, einer der Stars der Kultsendung "Fastnacht in Franken" aus Veitshöchheim, hat für heuer unbeirrt einen Faschingssong komponiert. © Roland Fengler, NN

Beim Festausschuss hofft man trotzdem, dass man sich am Rosenmontag oder Faschingsdienstag unter freiem Himmel treffen und ein paar Späße machen kann. Die frische Luft in Namen trägt die Nürnberger Luftflotte, die jährlich den Flug des Prinzen Karneval auf dem Nürnberger Airport begleitet und Prinzenpaare aus Franken, der Oberpfalz und Schwaben begrüßt. Aber geht die Luftflotte diesmal wirklich in die Luft?

"Wir hoffen, dass es besser wird"

Waltraud Mammen, Vorsitzende der 460 Mitglieder starken Flotte, hat die Hoffnung noch nicht ganz aufgeben. Weil man über ein eigenes Vereinsheim samt Sportplatz verfügt, peilt man dort ein Freiluftspektakel im neuen Jahr an. Den obligatorischen Rundflug werde es vermutlich nicht geben, sagt Mammen, aber vielleicht Luftsprünge auf dem Platz. Finanziell sei die Corona-Saison ein Desaster, weil die Kosten für Vereinsheim und Gelände weiter auflaufen, aber alle Geldflüsse versiegen.

Udo Diehl, Chef des Festauschusses Nürnberger Fastnacht, hat sich trotz aller Kalamitäten seinen Humor nicht nehmen lassen. Schunkeln mit 1,5 Meter Abstand mache nicht so viel Spaß, sagt er, aber man müsse den Laden eben am Laufen halten. Will heißen: Die Karnevalisten geben nicht auf und blicken nach vorne. "Wir hoffen, dass es ab 11.11.2021 besser wird", gesteht Diehl.


Katerstimmung statt Karneval im Nürnberger Land

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