„Ne Menge Sport “ gehört auch mit 66 zum Alltag

7.11.2012, 00:00 Uhr
„Ne Menge Sport “ gehört auch mit 66 zum Alltag

© Schirrmeister

Schon der Händedruck verrät: Diese Frau hat Energie. Ute Schiffmann gibt einem nicht so einfach nebenbei die Hand, sie packt kräftig zu. „Schön“, sagt sie bei der Begrüßung, „dass Sie sich für den Modernen Fünfkampf interessieren, wir sind ja nur eine Randsportart.“ Sie meint das nicht vorwurfsvoll. Nein, sie freut sich offenbar wirklich, mal eine Stunde lang über ihr vom Sport geprägtes Leben erzählen zu können.

Ute Schiffmann ist seit Jahren, ach was seit Jahrzehnten Stammgast bei der Sportlerehrung der Stadt Nürnberg. Sie war deutsche Meisterin im Fünfkampf aus Springreiten, Degenfechten, Schwimmen, Pistoleschießen und Laufen. Einmal gewann sie WM-Silber mit dem Frauenteam, aber das war schon 1982, in ihrer ersten Karriere als Fünfkämpferin. Kurz darauf hörte sie dann mit dem Wettkampfsport auf, als damals 36-Jährige. Das hielt sie jedoch nur rund zehn Jahre aus.

„Mir hat das Fechten gefehlt, der Kampf Frau gegen Frau und oft auch Frau gegen Mann“, erzählt sie — und so begann sie ihre zweite Karriere im Seniorenbereich. „Old Boys“ hieß diese Kategorie früher bei den Fünfkämpfern. Als dann aber mehr und mehr Frauen bei den Senioren starten wollten, kam es dem Weltverband wohl doch ein wenig peinlich vor, neben den „Old Boys“ auch „Old Ladies“ starten zu lassen. Und so nannte man den Bereich analog zu anderen Sportarten einfach Masters.

Ute Schiffmann ist inzwischen 66 Jahre alt. Eine Mastersklasse über 60 gibt es aber nicht, alle, die über 50 sind, starten in einer Kategorie. Die Nürnbergerin gewinnt trotzdem immer. Kürzlich wurde sie in Vught unweit von s’-Hertogenbosch in den Niederlanden wieder einmal Senioren-Weltmeisterin. „Zum achten oder neunten Mal“, sagt sie, „ich weiß das nicht mehr so genau.“

Seit zehn Jahren allerdings ist der Fünfkampf für sie nur noch ein Vierkampf. Das Springreiten hat sie im Wettkampf aufgegeben, weil oft die angebotenen Pferde zu schlecht sind und damit die Sturzgefahr zunimmt. „Privat reite ich noch gerne“, sagt sie und lässt sich da auch von Jochen M. Richter, dem Mister Fünfkampf des Post-SV Nürnberg, nicht beirren, der mit seinem besonderen Charme allen „Old Ladies“ schon mal rät, nicht mehr in den Sattel zu steigen.

Ute Schiffmanns Leben ist Bewegung, schon immer. Wenn man sie fragt, wie viel Sport sie pro Woche betreibt, sagt sie knapp: „Ne Menge“, und da hört man dann die Berlinerin noch gut raus. Im Beruf war sie Lehrerin — natürlich für Sport — im Nürnberger Zentrum für Hörgeschädigte. Die Leistungsschwimmerinnen aus dieser Schule waren fast ebenso oft bei der Sportlerehrung anwesend wie ihre Trainerin. Wenn Ute Schiffmann mal nicht läuft, ficht, schießt oder schwimmt, dann fährt sie ins Gebirge, um anspruchsvolle Touren zu machen. „Da kann man sich auch prima fit halten“, meint sie.

Viel Aufsehens um ihre Erfolge und ihre Leistungsfähigkeit mag sie nicht machen. „Andere gehen spazieren, ich bewege mich halt etwas schneller“, sagt sie lachend. Trotzdem: Mit 66 darf man ihr schon die Frage stellen, wie lange sie noch wettkampfmäßig Vierkampf betreiben wolle. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. „Ich denke, die Grenze ist jetzt schon erreicht.“ Die Masters-WM in Holland könnte also ihre letzte gewesen sein, obwohl die nächste in zwei Jahren ausgerechnet in ihrer Geburtsstadt Berlin stattfindet. Da allerdings will der Weltverband das Laufen und Schießen wie bei den Olympischen Spielen in London als Combined-Wettbewerb durchführen. Wie im Biathlon wird unter dem Laufen geschossen und zwar mit Laserpistolen. Diese Investition und vor allem die Umstellung will sie sich nicht mehr antun. „Schießen werde ich bei Dynamit Fürth mit der Luftpistole aber natürlich weiterhin“, sagt Ute Schiffmann – und laufen und schwimmen und fechten natürlich auch. Das Leben ist schließlich Bewegung.

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