Nürnberg-Blog: "Alibi-Radstreifen" machen Kopfzerbrechen

28.4.2014, 19:35 Uhr
Nürnberg-Blog:

© Nürnberg2rad

"Mir wurde das Fahrradfahren quasi mit der Milchflasche eingegossen", erzählt Quirinus (so sein Blogname) lachend. In Holland war es für ihn ganz normal, sich mit dem Fahrrad fortzubewegen. "Da wird den Radfahrern auch mehr Platz eingeräumt", erklärt er.

Vor mehr als 20 Jahren zog es Quirinus in die Frankenmetropole. Vor zwei Jahren hat er dann seine ursprüngliche Liebe zum Radfahren wiederentdeckt. Den Wahlnürnberger nervte, dass er sein Auto nur für den Weg zur Arbeit nutzte. Auch die vielen Staus waren ihm ein Dorn im Auge. Und so beschloss er, wieder auf das Fahrrad umzusatteln. "Ich brauche gar keinen weiteren Sport mehr machen", berichtet er. Nur bei Temperaturen unter minus fünf Grad ist es ihm dann doch zu kalt für sein Zweirad. "Es ist aber nicht so, dass ich Autos verpöhne", stellt Quirinus klar. "Ich finde nur, dass man es dort einsetzen sollte, wo es Sinn macht. In der Stadt sollte man andere Verkehrsmittel nutzen."

Freude und Frust über das Radeln waren dann im Oktober 2012 der Anlass für ihn, seinen Blog Nürnberg2rad zu gründen. Hier schildert er seine persönlichen Eindrücke, quasi wie in einem Tagebuch.

Mehr als 31.000 Klicks hat er inzwischen schon gesammelt. Im Schnitt sind es 100 Besucher pro Tag. Einige kommentieren seine Beiträge fleißig und berichten ihrerseits über ihre Erlebnisse mit dem Zweirad. "Es gibt einen Stamm von Lesern, mit denen ich mich öfter austausche", erzählt der Blogger. Persönlich kennt er jedoch nur wenige. Immer wieder geben ihm Nutzer auch Tipps, wo in Nürnberg gute oder schlechte Ecken für Radfahrer sind.

So setzt er sich mit seinen Lesern immer wieder kritisch mit den Fahrradabstellmöglichkeiten in der Region auseinander. "Wer seine Augen offen hält, findet manchmal Erstaunliches", erklärt er auf seinem Blog. Negativrekordhalter ist für ihn ausgerechnet ein Fahrradgeschäft: Zweirad Stadler in Fürth. Dort gibt es lediglich zwei kleine Abstellmöglichkeiten für jeweils sechs Räder. "Dämlicher geht kaum für so ein großes Radgeschäft", kommentierte er. Perfekt findet er dagegen die Anlage eines Supermarktes in der Wilhelmshavener Straße: "Super Bügel und Überdachung."

Schlechte Fahrradwege in Nürnberg

Ein Thema auf Nürnberg2rad ist immer wieder der Vergleich zwischen seiner holländischen Heimat und der Frankenmetropole. "Als ich nach Nürnberg kam, war ich anfangs schockiert", erzählt Quirinus von seinen ersten Eindrücken. "Das Fahrrad wurde hier nur als Sportgerät gesehen. In Holland war das ganz anders. Da bin ich immer mit dem Rad zur Schule gefahren." Inzwischen hat sich die Situation seiner Meinung nach geändert: Das Rad wird nun auch in Franken immer mehr genutzt.

Kritisch sieht er aber, dass das Auto in Deutschland immer noch als Statussymbol gilt. In Holland gibt es keine Autoindustrie, weshalb Autofahren auch weniger forciert wird, ist sich der Wahlnürnberger sicher. Hierzulande werde Autofahren dagegen immer noch mit der "großen schnellen Freiheit" gleichgesetzt.

"Alibi-Radstreifen", die mitten auf der Straße plötzlich wieder aufhören, bereiten ihm weiterhin Kopfzerbrechen. In Holland können Radfahrer auch kilometerweit fahren, ohne an nur einer Ampel anhalten zu müssen. Radwege werden vor Ampeln "abgeführt" oder es gibt separate Ampelschaltungen für Radfahrer. "Hier muss ich teilweise alle 300 Meter halten. Flüssiges Fahren ist da nicht möglich", beklagt der Hobbyradfahrer. "Ich muss mich auch immer zwischen Autos durchquetschen."

Nürnberg kommt aber nicht nur schlecht weg. So haben sich die Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in der Innenstadt verbessert, findet der Holländer.

Radfahrer sollen nicht auf Gehwegen fahren

In einem anderen Blogartikel beschäftigt sich Quirinus mit Radfahrern, die auf Gehwegen fahren. "Das ist kontraproduktiv und stört die Fußgänger. Je mehr Fahrradfahrer auf Straßen fahren, desto mehr Rücksicht nehmen die Autofahrer."

Neben seinem Blog tauscht er sich auch beim Fahrradclub ADFC aus und engagiert sich dort im Bereich Verkehrspolitik. "Die Arbeit im Verein trenne ich aber von meinem Blog. Da schreibe ich als Privatmann."

Sechs bis sieben Stunden wöchentlich verbringt Quirinus inzwischen auf seinen fünfeinhalb Rädern. "Eines ist noch eine Baustelle", erklärt er schmunzelnd. In seiner Sammlung hat der Blogger zum Beispiel ein Faltrad, das er besonders bei Fahrten in der Innenstadt nutzt. Mit ein paar Griffen lässt sich das Rad einklappen und so mit in die U-Bahn nehmen. Daneben besitzt er auch ein Rennrad und ein Trekkingrad für den Winter.

"Ich bin kein Langstreckenfahrer, sondern eher ein Alltagsfahrer", erklärt Quirinus. Am diesjährigen Altstadtrennen möchte er auf alle Fälle teilnehmen. An ein Ende seines Blogs denkt der Radfahrer nicht. "Es macht mir immer noch viel Spaß und es gibt immer wieder etwas zu berichten."

Übrigens: Eine Übersicht über andere deutschsprachige Blogs zum Thema Radfahren finden Sie hier.

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