Nürnberg: Gefährliche Lücken im Funknetz der Polizei

22.12.2020, 11:59 Uhr
Stacheldraht und Stahlzaun: Der Funkmast des LKA im Nürnberger Marienbergpark ist gut gesichert. 

© Stefan Hippel, NNZ Stacheldraht und Stahlzaun: Der Funkmast des LKA im Nürnberger Marienbergpark ist gut gesichert. 

Der Turm übertrifft in der Höhe alles, was in seiner unmittelbaren Umgebung steht: die Reihenhäuser auf der anderen Seite der Kilianstraße oder die laublosen Baumkronen im Marienbergpark. Menschen bleiben vor dem Stahlskelett stehen, lassen ihre Blicke 30 Meter in die Höhe gleiten, dorthin wo das Weiß des Turms mit dem weiß-grauen Himmel zu verschmelzen scheint.

Am Fuße des Mastes steht ein LKW und ein Container, der technischen Zentrale der rätselhaften Apparatur. Ganz nahe kommt man aber nicht heran, ein mehr als zwei Meter hoher Bauzaun, auf dem sich oben Nato-Stacheldraht mit scharfen Mini-Klingen windet, umschließt die komplette Anlage und setzt eine Grenze.

Polizei: Funkverbindung riss regelmäßig ab

Des Rätsels Lösung: Vor den Spaziergängern steht ein Funkmast. Allerdings kein gewöhnlicher. Nach Informationen der Lokalredaktion der Nürnberger Nachrichten handelt es sich um einen mobilen Funkmast des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA). Derzeit stehen zwei solche Antennen im Stadtgebiet, eine im Marienbergpark und eine weitere im Umkreis des Messezentrums. Sie unterstützen das digitale Funknetz für alle Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), dazu zählen unter anderem Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst. Am Marienbergpark-Parkplatz neben der Kilianstraße "wird durch unsere Autorisierte Stelle Bayern (Zentralstelle für Digitalfunk) bis zum Aufbau einer ortsfesten Funk-Basisstation, temporär eine mobile Funk-Basisstation eingesetzt. Ziel der Maßnahme ist die Verbesserung der Versorgung mit Digitalfunk BOS", heißt es beim LKA auf Anfrage.

30 Meter ist der Mast hoch, der das digitale Funknetzt der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste verstärken soll. Von der Kilianstraße aus ist er zu sehen.

30 Meter ist der Mast hoch, der das digitale Funknetzt der Polizei, der Feuerwehr und der Rettungsdienste verstärken soll. Von der Kilianstraße aus ist er zu sehen. © Stefan Hippel, NNZ

Rückblick: 2008 hat es in München den Pilotversuch bei der bayerischen Polizei in Sachen Digitalfunk gegeben. Seit dem baut der Freistaat die Technik nach und nach aus, sie soll einmal den analogen Funk ablösen. Anfang 2014 ging der umstrittene Digitalfunk in Mittelfranken flächendeckend auf Sendung. Heute gehört sein analoger Vorreiter bei der Polizei der Geschichte an.

Allerdings verlief der Ausbau holprig, lange Jahre mussten Polizistinnen und Polizisten mit zwei Funkgeräten ausgestattet sein, weil das digitale Funknetz nicht alle Bereiche abdeckte. Ein großer Knackpunkt war das unterirdische U-Bahnnetz der Stadt Nürnberg. Hier unten machte der Digitalfunk schlapp, die Verbindung brach regelmäßig ab, weil massive Betonwände sie hermetisch abschirmten. Da während einer Fahndung aber die Kommunikation zu anderen Streifen und der Einsatzzentrale nicht abreißen durfte, überbrückte die analoge Variante die klaffende Lücke im Netz des Digitalfunks.

Nürnberg: "Nach wie vor gibt es Defizite"

Bis Ende 2019. Nach langem Hin und Her zwischen Stadt und Freistaat und der Frage, wie die technische Verstärkung des Digitalfunks im Untergrund finanziert werden soll, hatte man sich schließlich geeinigt: Nach mehreren Gesprächsrunden lenkte die Staatsregierung ein und sagte zwei Millionen Euro als Förderung der gut sechs Millionen Euro Kosten zu. Den größeren Rest zahlte die Stadt. Heute können Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte im U-Bahn-Netz problemlos digital kommunizieren. Und Streifenbeamte müssen nicht mehr mit zwei Funkgeräten unterwegs sein.


Nürnberg: So sieht die neue Feuerwache 1 aus


Allerdings war damit nicht das letzte Kapitel in Sachen Netzausbau abgeschlossen, wie der Funkmast im Marienbergpark heute deutlich macht. "In drei Bereichen der Stadt gibt es nach wie vor Defizite", ist aus Fachkreisen zu hören. Immer wieder reißen in diesen "dunklen Zonen" im Stadtgebiet (nicht im Untergrund) die Funkverbindungen ab, heißt es.

Ziel: Sichere Funk-Abdeckung im Nürnberger Norden

Dem Vernehmen nach hätte es eine "finale Lösung" Ende dieses Jahres schon geben sollen. Allerdings machte nach "schwierigen Verhandlungen" ein Grundstückseigentümer, auf dessen Anwesen ein fester Funkmast hätte aufgestellt werden sollen, den Sicherheitsbehörden einen Strich durch die Rechnung: Als klar war, wie hoch die Antenne wird, zog er sein Interesse an dem Geschäft zurück.

Ziel ist weiterhin eine sichere Funk-Abdeckung im Nürnberger Norden, heißt es im LKA. Bis es aber eine fest installierte Dauerlösung geben wird, bleiben die beiden mobilen Funkmasten an ihren Standorten stehen.