Wie Gerber, Schmiede & Co. einst gelebt haben

Nürnberg: Handwerkermuseum feiert großes Fest zum zehnjährigen Bestehen

Hartmut Voigt

Lokalredaktion Nürnberg

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16.6.2022, 16:55 Uhr
Nürnberg: Handwerkermuseum feiert großes Fest zum zehnjährigen Bestehen

© Hartmut Voigt, VNP

Vor elf Jahren wurden die letzten drei Nürnberger Handwerkershäuser der Kühnertsgasse 18, 20 und 22 als privates Museum eröffnet: Die Altstadtfreunde als Museumsbetreiber wollten dort nicht die Kultur der Reichen und Mächtigen zeigen, sondern die Welt der Handwerker - der Rotschmiede, Gerber, Drahtzieher, Kesselflicker, Töpfer und vieler anderer.

Marionetten und Dudelsäcke

Die große Feier zum zehnjährigen Bestehen ist 2021 coronabedingt ausgefallen. Doch am kommenden Sonntag, 19. Juni, wird es in der Kühnertsgasse als "10-plus-1-Fest" nachgeholt. Zwischen 11 Uhr und 17 Uhr gibt es Marionettenspiel, Kalligraphie, Lederbearbeitung und Herstellung von Kleisterpapier. Die Hans-Sachs-Spielgruppe tritt auf, die Schembart-Gesellschaft lässt Dudelsäcke quäken, eine Märchenerzählerin führt ins Reich der Fantasie, ein Bücher-Flohmarkt findet vor den Haustüren statt, man kann an einer Museumsrallye teilnehmen und vieles mehr.

Museumsleiterin Julia Uehlein hat außerdem eine besondere Ausstellung vorbereitet. Auf 13 Stofffahnen, die in den drei Handwerkerhäuschen verteilt sind, sieht man Fotos vom verwahrlosten Zustand der Häuser vor und während der drei Millionen Euro teuren, grundlegenden Hausreparatur. Die Bilder kann man vor Ort direkt mit dem Zustand heute vergleichen.

So sieht man beispielsweise auf den historischen Abbildungen von Treppe und Flur die ausgeprägte Farbenfreude der 1970er: Damals waren die Wände und Türen in Orange, Rot, Rosa und Beige gestrichen. Die Fotos erinnern daran, in welch miserablen Zustand sich die Gebäude aus dem 14. und 15. Jahrhundert befunden hatten: Die Dächer waren undicht, Wassereinbruch schädigte Wände und Decken, zwei Brände gingen an die Substanz.

Abriss verweigert

Der frühere Eigentümer wollte die schiefen Hütten schon lange abreißen, doch der Denkmalschutz verweigerte die Genehmigung. Schließlich sind es die letzten Nürnberger Handwerkerhäuser. Die Altstadtfreunde sprangen wie so häufig als Retter in der Not ein. Mit üppiger finanzieller Unterstützung der Landesstelle für nichtstaatliche Museen, der Zukunftsstiftung der Sparkasse und der Maybach-Stiftung sowie mit viel ehrenamtlichem Engagement und professionellen Fachfirmen wurden die Fachwerkhäuser wieder hergerichtet. Eine Fotowand zeigt, wie viel helfende Hände der Altstadtfreunde am Gelingen beteiligt waren.

Über 30.000 Besucher haben sich im ersten Museumsjahrzehnt in den engen Räumen umgeschaut und Eindrücke vom spätmittelalterlichen Handwerkerleben bis zur Biedermeierzeit mitgenommen. Die langjährige, ehrenamtliche Hausleiterin Inge Lauterbach hat mit Sonderschauen zu Gerbern, zu Filzmachern oder zur Papierherstellung und mit Weihnachtsausstellungen immer wieder neue Gäste in die Häuser gelockt.

Lob für ehrenamtliche Helfer

Derzeit helfen rund 30 Ehrenamtliche im Museum Kühnertsgasse 22/20/18 mit. "Ohne ihre tatkräftige Unterstützung würde es nicht gehen", meint Historikerin Uehlein und dankt ausdrücklich für ihren Einsatz. "Die Häuser sind wie ein Schaukasten für die Arbeit der Altstadtfreunde."

Altstadtfreunde-Vorsitzender Karl-Heinz Enderle sieht den Verein heute deutlich breiter aufgestellt als vor etlichen Jahren. Neben der detailgetreuen Sanierung von mittelalterlichen Altstadthäusern sind mit Museum, Kulturscheune und Pellerhof kulturelle Orte dazugekommen, an denen Konzerte, Ausstellungen oder Vorträge stattfinden.

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