Nürnberg kommt ganz groß raus – doch keiner sieht es

8.9.2011, 18:00 Uhr
Nürnberg kommt ganz groß raus – doch keiner sieht es

© NWDF/Unitas

Die „Stadt Nürnberg“ ist also ein Schiff. Mit seinem Kentern lässt Veit Harlan 1938 seinen Film „Das unsterbliche Herz“ beginnen. Harlan war damals einer der bekanntesten und beliebtesten Filmemacher Deutschlands. Titel wie „Die Kreuzersonate“, „Der Herrscher“, „Mein Sohn, der Herr Minister“ oder „Jugend“ waren Erfolge an der Kasse. Harlans Spezialität waren Melodramen. Mit einigen Arbeiten hatte er sich jedoch bereits beim nationalsozialistischen Propagandaminister Joseph Goebbels angedient. Für ihn sollte er zwei Jahre später den antisemitischen Hetzfilm „Jud Süß“ drehen.

Mit Nürnberg war der Regisseur schon mehrmals in Kontakt gekommen. Als junger Schauspieler hatte er 1927 die Rolle von Hans Sachsens Lehrbub David in dem umstrittenen Streifen „Der Meister von Nürnberg“ übernommen. 1914 – Veit war 15 Jahre alt – hatte sein Vater Walter Harlan ein Drama mit dem Titel „Das Nürnbergisch Ei“ veröffentlicht, einen Lobgesang auf den Taschenuhren-Erfinder Peter Henlein. Für „Das unsterbliche Herz“ griff Veit Harlan auf diesen Stoff zurück. Der Film sollte von einem großen deutschen Handwerks-Helden handeln. Deswegen war als Arbeitstitel zuerst „Der Titan“ gewählt worden. „Das unsterbliche Herz“ klingt jedoch irgendwie romantischer.

Alle Innenaufnahmen wurden in Berliner Ateliers gedreht. Doch anders als einst bei „Der Meister von Nürnberg“ wollte Harlan für seinen Film die originale Stadtkulisse nutzen. Also reiste er im September 1938 mit seinem Stab – darunter umjubelten Filmstars wie Heinrich George, Kristina Söderbaum, Paul Wegener oder Paul Henckels – in die Noris.

Die „Fränkische Tageszeitung“ freute sich: „Es ist übrigens das erste Mal, dass Alt-Nürnberg und seine großen Männer Mittelpunkt und Rahmen eines Spielfilms sind. Wir sind stolz und glücklich über die Tatsache. Unsere Vaterstadt und ihre ruhmreiche Geschichte bieten aber auch der bildhungrigen Linse Möglichkeiten, wie man sie sich nicht besser wünschen kann.“

„Das unsterbliche Herz“ ist bis heute der Spielfilm, der Nürnbergs Stadtpanorama am beeindruckendsten ins Bild gesetzt hat. Veit Harlan drehte sein Werk in der Lorenzkirche, am Hauptmarkt, beim Schönen Brunnen. Er erzählte davon, wie Peter Henlein (Heinrich George) seine Erfindung der Taschenuhr dem nahenden Tod abringt.

Henleins Begräbnis wurde dann die besonders monumentale Sequenz des Filmes mit rund 20 000 Bürgern in historischen Kostümen, Burgberg und weitem Kamerablick über das Dächermeer der Stadt.

Von der Produktionsfirma Tobis wurden aus Berlin dreißig Journalisten angekarrt, um den spektakulären Aufnahmen beizuwohnen und für den Film Reklame zu machen. Die Uraufführung von „Das unsterbliche Herz“ fand am 31. Januar 1939 im Nürnberger Ufa-Palast statt.

Die Nürnberger stürmten die Kinos. Im Rest des Reiches hingegen war die Nachfrage weniger groß. Da gab es endlich mal einen richtigen Nürnberg-Film. Und dann wollten ihn nur wenige sehen. Das Kino-Schicksal meint es wirklich nicht gut mit der Stadt.

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