Nürnberg: Von der Industriestadt zum Hightech-Standort

6.11.2018, 13:15 Uhr
Einblick in die Fertigung bei Diehl in Nürnberg in den 80er Jahren.

Einblick in die Fertigung bei Diehl in Nürnberg in den 80er Jahren.

Manchmal kann eine Krise zur Chance werden. So wie die Pleite der Nürnberger Traditionsunternehmen Grundig, AEG und Quelle. Als zahlreiche Menschen ihre Arbeitsplätze verloren, musste die Stadt reagieren - und die nordbayerische Wirtschaftsregion entstand.

Nirgendwo werden das Alte und das Neue so sichtbar wie in der Fürther Straße. Dort, wo in der Blütezeit der Industrialisierung rechts und links großzügige Bürgerhäuser entstanden und die Menschen nur wenige Minuten in die Fabriken zu laufen hatten. Hier baute Triumph Motorräder, AEG Waschmaschinen und Quelle verschickte Pakete nach ganz Europa. Doch mit der fortschreitenden Globalisierung kam eine Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer - und in Nürnberg blieb vom Wirtschaftswunder nicht viel mehr als leerstehende Fabrikhallen und arbeitslose Menschen.

Die Stadt musste reagieren. Und sie tat das mit staatlicher Strukturpolitik sowie Fördergeldern. Silvia Kuttruff von der Wirtschaftsförderung der Stadt nennt das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) als Beispiel: "Wir haben uns als Stadt für Fördermittel aus der High Tech Offensive der bayerischen Staatsregierung eingesetzt, mit denen im Nürnberger Nordostpark die Forschungsfabrik des Fraunhofers entstehen konnte.

Heute wurde daraus ein großer Standort, der sehr eng mit der hiesigen Wirtschaft kooperiert." Auch beim Energie Campus Nürnberg seien Strukturfördergelder des Freistaates genutzt worden, um eine Forschungsinfrastruktur in Nürnberg aufzubauen, die eng mit der Wirtschaft kooperiert. Aktuell werden die bayerischen Fördermittel genutzt, um den Breitbandausbau voranzubringen.

Aber auch aus eigenem Antrieb und mit viel Kreativität begegnete die Stadt dem Wandel. "Industrie ist heute in Nürnberg an vielen Stellen gleichzusetzen mit Hightech-Produktion", sagt Kuttruff. In der einstmals größten Industrieregion Süddeutschlands ist die IT- und Kommunikationstechnologie mittlerweile der wichtigste Wirtschaftszweig. 15 Jahre nach der Grundig-Insolvenz und neun Jahre nach der Pleite von Quelle ist Nürnberg damit gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Im Gegensatz zu anderen Gebieten in Deutschland wie etwa dem Ruhrgebiet, das noch immer mit den Folgen der Deindustrialisierung zu kämpfen hat.

Hilfe für Start-ups

Über 30.000 Nürnberger arbeiten in der IT- und Kommunikationsbranche (IKT), das sind rund zehn Prozent aller Beschäftigten in der fränkischen Metropole. "Abgesehen von München hat keine der 20 größten deutschen Städte einen so hohen IKT-Beschäftigtenanteil wie Nürnberg", sagt Kuttruff. "Die Stadt ist heute sehr zukunftsfähig aufgestellt - mit einem breiten Branchenmix, einem starken Anteil an wissensintensiven Branchen und einer starken Wirtschaftsleistung."

Durch die Ansiedlung von Hochschul- und Forschungseinrichtungen - wie aktuell die Gründung der neuen Universität - bemüht sich Nürnberg um eine wissenschaftliche Infrastruktur. Start-ups können von einer Existenzgründerberatung profitieren. Und mit dem Gründerzentrum Zollhof stehen ihnen Räume zur Verfügung sowie ein Partnernetzwerk großer Firmen. "Wir geben einen Zuschuss in Höhe von zwei Millionen Euro und sind Gesellschafter des Zollhofs", sagt Kuttruff im Namen der Stadt.

Denn die Hochschulabsolventen sollen in Nürnberg gehalten werden. Und das geht nur mit attraktiven Jobangeboten von Großunternehmen oder Mittelständlern. Diese wiederum schätzen die im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten vergleichsweise moderaten Mieten - sei es im Südwestpark oder in Coworking Spaces. Auch mit einem städtischen Gewerbesteuersatz von 467 Prozent gilt die Stadt als wettbewerbsfähig. "Nürnberg gehört zur günstigen Hälfte der größten deutschen Städte", sagt Kuttruff.

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