Nürnberger Abschiebe-Eklat: Ermittlungen gegen Polizisten

7.7.2017, 05:31 Uhr
War der Einsatz gegen Nürnberger Berufsschüler angemessen? Die Staatsanwaltschaft will das noch einmal prüfen.

© Michael Matejka War der Einsatz gegen Nürnberger Berufsschüler angemessen? Die Staatsanwaltschaft will das noch einmal prüfen.

Vor dem Innenausschuss des bayerischen Landtags behauptete Thomas Hampel, Inspekteur der bayerischen Polizei, dass bei dem Einsatz kein Schüler verletzt worden sei. Doch Leonhard Seidl, der am 31. Mai dabei war und sich an der Sitzblockade der Schüler beteiligt hatte, widerspricht vehement:  "Ich hab mehrere verletzte Schüler gesehen, die bluteten, Prellungen erlitten haben, aufgrund von Faustschlägen zu Boden gingen oder von Pfefferspray Augen- und Atemschleimhautreizungen davon trugen", berichtet der gebürtige Oberbayer. "Es kann keine Rede davon sein, dass Schülerinnen und Schüler nicht verletzt wurden."

Leonhard Seidl ist kein Schüler der B11, die am Berliner Platz in Nürnberg steht. Und dennoch ist auch er bei der Demo verletzt worden - von Polizeibeamten, die, als die Situation vor der Schule eskalierte, Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzten. Beim Vollzug wurde die Nürnberger Polizei durch den Einsatzzug Erlangen unterstützt.

Beulen am Kopf und blaue Flecken

Unterstützt habe auch Seidl. "Friedlich", wie er sagt, beteiligte er sich an der Sitzblockade der Schüler. "Das können Zeugen bestätigen. Auch auf Videos und Fotos ist das zu sehen. Die Polizei hat nach dem Einsatz über Verletzte in den eigenen Reihen berichtet: Demnach wurden zwölf Beamte verletzt.

Und auf der Seite der Demonstranten? Seidl erlitt Abschürfungen, wie ein ärztliches Attest bestätigt, das der Lokalredaktion vorliegt. Auch über Beulen am Kopf und blaue Flecken am Rücken klagte er. In Handschellen sei er auf den Bauch gelegt und dann gezogen worden. Auch Nico Schreiber, Vorstandsmitglied der Sozialistischen Jugendorganisation "Die Falken", musste einiges einstecken. "Mit einem Einsatzstock wurde mir auf den Unterarm geschlagen. Ich hatte einen großen Bluterguss." Außerdem sei er dort von einem Polizeiauto angefahren worden.

Zeitungsartikel stieß Staatsanwaltschaft an

Knapp ein Monat nach der Eskalation vor der Berufsschule ging bei Seidl am 29. Juni ein Schreiben des Bayerischen Landeskriminalamtes - interne Ermittlung Nord - ein. Die Behörde fordert ihn darin auf, sich als Zeuge vernehmen zu lassen. "Hinsichtlich des Polizeieinsatzes am 31.05.2017 an der Berufsschule am Berliner Platz in Nürnberg wurde von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt eingeleitet", heißt es da.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth als leitende Ermittlungsbehörde bestätigt diesen Vorgang auf Anfrage. Die interne Ermittlung "ist aufgrund eines Zeitungsartikels angestoßen worden, in dem zwei Teilnehmer der Demonstration berichten, von Polizisten verletzt worden zu sein", erklärt Oberstaatsanwalt und Pressesprecher Claas Werner. Die beiden Personen werden jetzt vernommen.

Nach der Vernehmung "kann versucht werden, beteiligte Polizeibeamte zu identifizieren". Leonhard Seidl ist dabei aber nicht wohl: "Initiativen fordern seit Jahren die Untersuchung rechtswidriger Polizeigewalt durch unabhängige Ermittlungsstellen." Er wolle dem Rat folgen, den Termin beim LKA mit anwaltlichem Beistand wahrzunehmen.

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