Nürnberger Akademie: Senioren fetzen sich

6.6.2009, 00:00 Uhr
Nürnberger Akademie: Senioren fetzen sich

© dpa

Vor einem halben Jahr herrschte noch eitel Sonnenschein. «Gerade jüngere, ideenreiche Mitglieder (ehrlich gesagt: wie Sie!) sind dem Vorstand sehr willkommen«, hatte Peter M. Kolb, damals und heute 1. Vorsitzender des Vereins, Mitte November noch voll des Lobes an Werner Pöhler aus Altdorf geschrieben. Pöhler sollte neben einer Kollegin, Edith Eimer, neu in den Vorstand aufrücken. Es dauerte nur wenige Wochen, bis sich beide Neulinge in bebendem Zorn zurückzogen. «Ich bin doch hier kein Vasall«, schäumt der Altdorfer heute. Die Posten haben nach einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am vergangenen Mittwoch Peter Großhennig und Ingeborg Sandner übernommen.

Pass für nur 20 Euro

Die Alten-Akademie ist 1991 gegründet worden. Es ist ein klassischer Selbsthilfeverein für Senioren. Die einen unterrichten, die anderen stillen ihren Wissensdurst zu einem günstigen Preis. Nur 20 Euro kostet ein sogenannter Akademie-Pass für ein Jahr. Er berechtigt zur Teilnahme an sämtlichen Veranstaltungen. Vorträge gehören dazu, Sprachkurse, Gesprächskreise oder Führungen. Etwa 80 Veranstaltungen sind es allein im laufenden Sommersemester.

«Wir waren Pioniere in Nürnberg, die so etwas für ältere Bürger aufgezogen haben. Der Verein war so erfolgreich, dass das Bildungszentrum nachzog«, erzählt Kolb. Bereits kurz nach seiner Gründung band sich die AAK vertraglich sehr eng an das BZ. In der schriftlichen Vereinbarung heißt es unter anderem: «Das Programm der Alten-Akademie versteht sich als Ergänzung zum Gesamtangebot des BZ und will nicht in Konkurrenz zum BZ stehen.« Das birgt Konflikte.

Eiserne Ablehnung

26 000 Euro weist der jüngste Haushaltsplan des Vereins aus. Die Einnahmen stammen zum weitaus größten Teil aus dem Verkauf der Pass-Marken zu je 20 Euro. Mitgliedsbeiträge gibt es nicht. Bei den Ausgaben sind neben den Aufwandsentschädigungen für Referenten (6000 Euro) und der Herstellung der Programmhefte (6500 Euro) Zahlungen für Raummieten (5500 Euro) an das BZ die größten Posten.

Pöhler ging Anfang des Jahres mit großem Schwung an die Arbeit, weil er von der Idee Alten-Akademie begeistert war. Er sah Potenziale, die Arbeit auszubauen, entwickelte Ideen und entwarf zusammen mit seiner Kollegin Eimer Konzepte. Bei Kolb, so berichtet Pöhler, stieß er damit allerdings auf eiserne Ablehnung.

Zur aktiven Mitarbeit verpflichtet

Um eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen wollte der Neuling zum Beispiel niedrige Mitgliedsbeiträge einführen. Laut Vereinssatzung ist das bisher nicht zulässig. Mitglied darf danach nur sein, wer sich «verpflichtet, im Verein aktiv mitzuarbeiten (zum Beispiel als Dozent, im Sekretariat oder im Vorstand)«. Derzeit sind gut 40 Personen offiziell eingetragen.

Werner Pöhler kümmerte sich auch um neue Kooperationspartner für Kurse, etwa das Caritas-Pirckheimer-Haus (cph). «Die Räume dort wären billig gewesen«, erzählt er, «aber Kolb wollte mit Rücksicht auf das BZ nicht mitziehen.« Und er machte eine Druckerei ausfindig, die das Akademie-Programmheft um mehr als ein Drittel günstiger hergestellt hätte. Ein Organigramm für die Vorstandsmitglieder hat er ausgearbeitet, und er wollte einen übersichtlicheren Dozenten-Pool aufbauen, um die Arbeit voranzubringen.

«Alleinherrscher« bestimmt

Gescheitert sind alle diese Vorhaben an Kolb, einem «Alleinherrscher«, so sehen es zumindest Pöhler und Eimer. Der 1. Vorsitzende versah sogar Protokolle des Vorstands, die Edith Eimer verfasste, nachträglich mit Anmerkungen aus seiner Feder. «Ich bin doch sehr erstaunt, was auf dieser Sitzung alles besprochen und beschlossen worden sein soll«, schrieb ihm Eimer nach einem solchen Vorfall spitz. Auch Tagesordnungen habe Kolb völlig nach eigenem Gusto verfasst und verschickt. Gesprächsangebote zur Schlichtung des Konflikts blieben ungenutzt.

Ende Mai platzte Pöhler dann der Kragen. Er verfasste eine böse Philippika und verschickte sie an viele Beteiligte. Von «anmaßendem Arbeitsstil«, «fehlender Transparenz«,«charakterlichen Unwägbarkeiten« oder «überzogenem Geltungsbedürfnis« und «senilem Egoismus« Kolbs schreibt das Ex-Vorstandsmitglied darin. Die wenigen Mitglieder, die zu den Versammlungen kommen, beeinflusse Kolb nach Gutdünken.

«Kritik ist unflätig«

Peter M. Kolb weist diese Kritik, die er mit «großer Betroffenheit und erschrocken« zur Kenntnis genommen hat, als unflätig und haltlos zurück. Er hofft, dass mit den jüngsten Neuwahlen wieder «Harmonie« einkehrt. Geld für andere Räume, so Kolb, hätte der Verein nicht aufbringen können. Außerdem verweist er auf den bindenden Kooperationsvertrag mit dem BZ. Verhandlungen mit der Druckerei hätten inzwischen auch günstigere Bedingungen für den Druck der Programmhefte ergeben. «Man kann in einem solchen Verein nicht in ein paar Monaten alles auf den Kopf stellen wollen«, betonte Kolb auf Anfrage, «wir sind bisher gut mit unserer Arbeit gefahren.«

Das sieht auch BZ-Chef Wolfgang Eckart so. Er wünscht dem Verein wieder «ruhiges Fahrwasser«. Bei der AAK handle es sich um einen selbstständigen Verein, mit dem das BZ zusammenarbeite und dem er gegen einen «geringen Obolus« Räume vermiete. Man stimme das Programm für die weiter wachsende Zielgruppe der Senioren ab, damit man sich auch «wirtschaftlich nicht in die Quere« kommt. Dies habe bisher reibungslos geklappt. Eckart zollte auch Peter M. Kolb ausdrücklich Respekt für seine Arbeit und die «fruchtbare Kooperation auf einem wichtigen Feld«.

Verhalten beschädigt Ehrenamt

Für Werner Pöhler ist es mit jeglichem ehrenamtlichen Engagement erst einmal vorbei: «Die Erfahrung in der Alten-Akademie war mir eine Lehre. Für mich beschädigt ein solches Verhalten jedes Ehrenamt. Ich laufe doch nicht ständig gegen eine Wand.« Alle AAK-Unterlagen hat er vor Wut vernichtet.