NÜrnberger Theater Salz+Pfeffer: Der Mörder war das Handy

29.6.2020, 10:41 Uhr
NÜrnberger Theater Salz+Pfeffer: Der Mörder war das Handy

© Foto: Berny Meyer

Den Kopf des Wissenschaftlers bildet ein Mobiltelefon in einer Hülle mit Augen und Schnurrbart, dann noch ein Hut drauf. Zwei verstärkte Seile bilden den Körper. Fertig.

Beim Spiel steht den Schmidts Marie Kropf zur Seite. Doch dieser Jekyll, den sie da kreieren, ist kein übereifriger Wissenschaftler, der einen Trank erfindet, um Gut und Böse zu trennen und der dabei zu weit geht. Anders als in Robert Louis Stevensons Schauergeschichte wird hier ein kleiner Kerl gezeigt, dem alles zu viel ist, an dem die Welt herumzerrt. Jeder will etwas, nützt ihn und seine Gutmütigkeit aus. Verdeutlicht wird dies in Form eines dauernd plappernden Handys. Es lässt dem Jekyll-Gerät keine Ruhe, wenn es von einem Ende der Bühne zum anderen unterwegs ist.

Tja, das Gefühl kennt man. Nur dass das bedrängte Jekyll-Phone einen anderen Ausweg wählt als üblich: Es teilt seine beiden inneren Stränge, die verstärkten Seile, auf, bis es eben den bösen Hyde gibt, der schließlich zertrümmerte Displays hinterlässt.

Die Puppenspieler tragen futuristische Masken, ermitteln als Polizisten und erfahren nichts. Denn Jekyll ist verschwunden und verloren – irgendwo zwischen seinen Social-Media-Profilen, seinem Wahn und der Realität. Welches ist die echte Person? Diejenige, die man sieht, oder die, die sich online präsentiert? Eine Antwort ist unmöglich, dafür sorgt die clevere Regie von Birga Ipsen. Das Besondere: Die Zuschauer werden integriert, können mit ihren Smartphones voten, wie sie das Geschehen finden. Like oder Dislike für Jekylls Gegenwehr gegen die digitalen Zumutungen. Hochmodern und sehenswert.

 

Zu sehen im Theater Salz und Pfeffer am 3. und 4., 7., 16. und 17. Juli, jeweils 20.30 Uhr. Kartentelefon: 09 11/22 43 88. 

www.salzundpfeffer-theater.de

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