Nürnbergs erste Mikwe seit Kriegsende

7.3.2016, 19:06 Uhr
Nürnbergs erste Mikwe seit Kriegsende

© Foto: Michael Matejka

Der pudelwarm geheizte Badetempel im Keller der Synagoge an der Regensburger Straße würde auch in ein Wellness-Hotel passen. Meerblaue Kacheln, indirektes Licht, schicke Duschen und Whirlpool samt Fitness-Gerät im Männer-Abteil, das alles sieht verlockend aus. Doch dieses Bad ist nicht zur Entspannung gedacht. In der Mikwe reinigen sich orthodoxe Jüdinnen symbolhaft, wenn sie ihre Periode hatten. Seltener ist eine Mikwe für Männer, wie sie Chabad jetzt in Nürnberg gebaut hat.

Bei der Einweihung drängen sich die Gemeindemitglieder beiderlei Geschlechts in den Kellerräumen. Es wird viel und ausschließlich russisch gesprochen, denn die orthodoxe Gruppierung unter dem Dach der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) besteht vor allem aus Zuwanderern.

Süßigkeiten zum Fest

Von religiösem Ernst ist bei der Eröffnung der Mikwe wenig zu spüren. Fromme Männer mit langen Bärten und schwarzen Hüten stehen am Beckenrand — und albern dabei sogar ein wenig herum. Nach dem Rundgang geht es ins Nachbarhaus von Rabbiner Eliezer Chitrik, wo ein großes Süßigkeiten-Buffet wartet.

Die neue Mikwe sei über Spenden finanziert worden und „leider dreimal so teuer wie geplant“, sagt der Rabbiner. Noch sind im Vorgarten Reste der Bauarbeiten zu sehen. Ein den religiösen Gesetzen entsprechendes rituelles Tauchbad, so Chitrik, sei eine der wichtigsten Einrichtungen jeder jüdischen Gemeinschaft.

„Es hat etwas gefehlt“, bestätigt auch Jo-Achim Hamburger, der Sprecher der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnbergs. Auch die IKG plane seit längerem eine weitere Mikwe, man wolle jedoch zunächst den neuen Rabbiner abwarten, so Hamburger. Während die IKG ihr Bad mit Regenwasser versorgen will, wird die Einrichtung in der Regensburger Straße von gefiltertem Grundwasser gespeist. Der Talmud fordere „lebendiges Wasser“ für die religiöse Reinigung. Mit Leitungswasser dürfen jüdische Tauchbäder auf keinen Fall gefüllt werden.

Die Gläubigen müssen ganz untertauchen, sie dürfen dabei weder Schmuck noch Nagellack tragen. 98 Prozent der 2100 IKG-Mitglieder seien russischstämmig, sagt Jo-Achim Hamburger. Nach dem Krieg habe es nur noch 20 Nürnberger Juden gegeben.

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