Projekt "Mütze": Hier bekommen Mütter Unterstützung

1.10.2016, 18:22 Uhr
Projekt

© Foto: Holzschuh

Julia Helfert ist eine entspannte Frau. Erstaunlich entspannt dafür, dass sie vor wenigen Tagen entbunden hat. Töchterchen Katja, gerade gefüttert, liegt auf dem Bauch ihrer Mutter, döst für ein paar Minuten, wacht dann auf, schmatzt auf dem Schnuller herum.

Vor zehn Jahren wurde Julia Helfert - heute 41 Jahre alt, studierte Biologin und eine Frau, die gerne und offen von sich erzählt - zum ersten Mal Mutter, so gelassen wie bei Katja war sie da nicht. Ob es am temperamentvolleren Naturell von Tochter Annika oder der Unerfahrenheit Helferts lag, sei dahingestellt. Zumindest ging es ihr wie vielen jungen Mamas: Die neue Rolle forderte sie sehr, gleichzeitig wuchs das Bedürfnis, sich auszutauschen.

"Ich war intellektuell unterfordert"

Doch Julia Helfert, nach vielen Jahren außerhalb Frankens gerade erst wieder nach Roth gezogen, fehlte der Kontakt zu anderen Müttern. Tagsüber war sie mit dem Baby allein zu Hause und mitunter einsam. Gleichzeitig fühlte sie sich in ihrer neuen Rolle bald "intellektuell unterfordert".

Eine Bekannte machte sie auf "Mütze" aufmerksam: das Mütter- und Familienzentrum in Roth, erst wenige Monate zuvor gegründet als - laut Eigenwerbung - "Treffpunkt für Mütter, Väter und Kinder; ob alleinerziehend, Menschen in Partnerschaft, jeder Hautfarbe und Herkunft". Väter allerdings, sagt Julia Helfert, hat sie nur wenige gesehen, meist sind es die Mütter, die die offenen Treffs besuchen, ihre Kinder mitbringen und sich bei einem Kaffee austauschen können.

Auch Helfert kam, brachte Tochter Annika mit, setzte sich mit den anderen Frauen zusammen und fand sich aufgehoben. Bald fragten die Organisatoren des Treffs, ob sie nicht mithelfen wolle. Vielleicht beim Kaffeeausschank? Helfen würde sie gerne, sagte Helfert, aber bitte nicht in der Küche. Von diesen Tätigkeiten habe sie zu Hause genug. Stattdessen machte sie die Arbeiten, die auch bei Ehrenamtlichen meist nicht so beliebt sind: das Organisatorische. Warum? "Weil ich echt gerne etwas auf die Beine stelle."

Sie kümmerte sich um die Finanzen und Bücher, war Revisorin und Vorstandsmitglied. Zehn Jahre lang, inzwischen tritt Helfert etwas kürzer: Vor der Geburt des zweiten Kindes arbeitete sie wieder Vollzeit, das war mit dem Ehrenamt bei Mütze, das mitunter 20 Stunden Engagement pro Woche verlangte, nicht zu stemmen. „Außerdem sollen auch mal andere rankönnen“, sagt Helfert, die immer noch gerne zu den Treffs und Vorstandssitzungen kommt und andere an ihren Erfahrungen teilhaben lässt.

Denn zu besprechen gibt es vieles, der Verein ist in den letzten Jahren gewachsen und hat sich professionalisiert, es gibt heute sogar eine Festangestellte. Sie wird aber aus Vereinsgeldern finanziert, „da würden wir uns mehr Unterstützung von der Politik wünschen“, sagt die 41-Jährige.

Der offene Treff ist das Herzstück

Inzwischen wird der offene Treff - "unser Herzstück", so Helfert — von rund 80 Gästen in der Woche besucht, es gibt eine Kinderbetreuung, zweimal im Jahr einen Basar, inzwischen - um auch die Männer mehr einzubeziehen - ein Weißwurstfrühstück für Väter. Und gerne immer wieder Neues: Jeder sei mit seiner Persönlichkeit und seinen Fähigkeiten willkommen, heißt es beim Verein, und könne sich einbringen und mitbestimmen. Und noch etwas ist Helfert wichtig: „Wir sagen immer den Frauen, sie sollen sich ausprobieren.“

Manchmal klappt es sogar, dass eine der Ehrenamtlichen den Sprung in ein reguläres Arbeitsverhältnis findet - meist im pädagogischen Bereich, den sie bei Mütze kennenlernten. „Damit wirken wir in zwei Bereichen“, sagt Helfert: Frauen, die den offenen Treff besuchen, profitieren. Aber eben auch die Ehrenamtlichen, die im Café helfen und dort Wertschätzung und Aufwertung erfahren.

Helfert selber wird in der nächsten Zeit wieder die Rolle wechseln: Fast alle Frauen, mit denen sie sich nach Annikas Geburt austauschen konnte, haben inzwischen größere Kinder, Babythemen spielen da keine Rolle mehr. Aber sie weiß ja, wo sie mit der kleinen Katja andere junge Mütter kennenlernen kann: An fünf Tagen die Woche wird der offene Treff von Mütze angeboten.

Stadt zeichnet "Ehrenamtliche(n) des Monats" aus

Bei der Aktion „EhrenWert“ zeichnen die Stadt Nürnberg und die Universa-Versicherungen mit Unterstützung der Nürnberger Nachrichten regelmäßig eine(n) Ehrenamtliche(n) des Monats aus. Vorschläge können laufend von den Leserinnen und Lesern unserer Zeitung aus dem gesamten Verbreitungsgebiet dieser Tageszeitung eingebracht werden.

Sämtliche Informationen zum (mit 1000 Euro dotierten) "EhrenWert"Preis finden sich unter www.universa.de/ehrenwert im Internet.

Fragen werden per E-Mail unter ehrenwert@stadt.nuernberg.de beantwortet. Auch telefonisch kann man sich bei der Stadt unter Telefon (09 11) 2 31-33 26 im Sozialreferat über die Aktion "EhrenWert" informieren. Hier finden sich die Porträts aller bisherigen Preisträger seit dem April 2009. Außerdem bündelt ein Buch die Porträts der 100 ersten Preisträger: "100 mal Ehrenwert"ist zum Preis von 9,90 Euro in den Geschäftsstellen dieser Zeitung in Nürnberg, Fürth und Erlangen erhältlich.

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