Protest: Beliebtem Kinderladen in Nürnberg droht Schließung

7.8.2020, 05:27 Uhr
Protest: Beliebtem Kinderladen in Nürnberg droht Schließung

© Katrin Heim/Kinderladen Johannisbären

"Wir hoffen, dass sich noch jemanden findet, der sich einen Ruck gibt", sagt die pädagogische Leiterin Christina Brockmüller. Um seine prekäre Situation ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, verlegt der Kinderladen am Freitagnachmittag für zwei Stunden seinen Alltag nach draußen.

Unter dem Motto "Wir sitzen auf der Straße" besetzen Kinder, Eltern und Pädagogen die Fahrbahn vor der Äußeren Großweidenmühlstraße 16. Sie picknicken, singen, legen einen Rollerparcours an und malen mit Straßenkreide große und kleine Kunstwerke auf den Asphalt.

"Wir hoffen sehr, dass wir mit dieser Aktion viele Menschen in der Stadt und darunter vielleicht ja sogar den einen oder anderen Immobilienbesitzer auf unsere Situation aufmerksam machen können", sagt Andreas Cojocaru, der für die Öffentlichkeitsarbeit des Kinderladens zuständig ist, "denn niemand hat es verdient, sang- und klanglos auf die Straße gesetzt zu werden".

Weitere Kinderkrippen betroffen

Ähnliche Probleme wie die Johannisbären haben aktuell auch weitere Einrichtungen. Die Gostenhofer Kinderkrippe Murrhäuschen, die seit Oktober 2019 Interimsräume in St. Johannis nutzt, kämpft mit den Folgen eines Wasserschadens. Die studentische Krabbelstube Villa Kunterbunt in Wöhrd sucht bereits seit 2016 neue Räumlichkeiten und auch die Kinderkrippe Kupferhupfer in St. Peter sieht sich notgedrungen um.

Um ihre Chancen zu erhöhen, haben sich die vier Kitas zu einer gemeinsamen Suche zusammengeschlossen. "Wir sind offen und denken in alle Richtungen", sagt Brockmüller. Möglich also, dass es in Zukunft Kooperationen zwischen einzelnen Einrichtungen geben könnte. "Wir sind ja keine Konkurrenten, sondern versuchen alle, eine Lücke zu schließen", sagt die pädagogische Leiterin. Erste Objekte wurden mit dem Jugendamt in Augenschein genommen, wenn auch noch ohne Erfolg.

Obwohl die Zukunft der Johannisbären über die nächsten eineinhalb Jahre hinaus unklar ist, konnten alle zehn freien Plätze für das im September beginnende neue Jahr besetzt werden. "Einer Familie mussten wir sogar absagen, obwohl wir sie gerne dabei gehabt hätten", ergänzt Christina Brockmüller. Sie ist begeistert, wie alle Beteiligten zusammenhalten und nach einer Lösung suchen.

Politik ist gefordert

Brockmüller sieht vor allem die Politik in der Pflicht: "Für jeden abgesägten Baum sind Ausgleichsflächen vorgesehen. Warum gibt es so etwas nicht, wenn Grundstücke mit Kinderkrippen verkauft werden?" Hier fehle es eindeutig an politischem Bewusstsein. Städtebaulich wäre es ihrer Meinung nach außerdem einfacher, drei kleine Krippen unterzubringen als eine große.

Nach Ansicht der Johannisbären erweist sich vor allem die Suche nach geeigneten Außenflächen als problematisch. Die Räumlichkeiten sollten 140 Quadratmeter Hauptnutzfläche und eine mindestens 200 Quadratmetern große Außenanlage bieten – im Idealfall natürlich in St. Johannis.

Bei ihrer letzten Belegprüfung bescheinigten die Mitarbeiter der Stadt Nürnberg den Johannisbären ein "sehr gutes Miteinander von Kindern, Eltern und Fachkräften", wie der Kinderladen mitteilt. Auch deshalb hat Alexandra Bauer, deren Sohn den Kinderladen besucht, ein "positives Bauchgefühl", wie das Vorstandsmitglied selbst sagt: "Wir stehen in regem Austausch mit der Stadt. Unsere Eltern sind sehr engagiert."

Am jetzigen Standort in der Äußeren Großweidenmühlstraße gibt es den Kinderladen Johannisbären seit 1986. Getragen wird er vom gleichnamigen Verein, in dem alle aktiven Familien organisiert sind. Wie in einer Elterninitiative üblich, haben die Eltern großes Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht. Derzeit haben bei den Johannisbären 20 Kinder zwischen drei und sechs Jahren ihr zweites Zuhause.

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