Querbeet durch die Kunstgeschichte

22.3.2010, 00:00 Uhr
Querbeet durch die Kunstgeschichte

© Niklas

Wieder lockt die Facharbeitsausstellung der Nürnberger und Fürther Gymnasien stolze Eltern, neidische Klassenkameraden und Kunst-Tutoren auf der Suche nach Nachwuchs ins schöne Schlösschen Almoshof. Dort hängen jedes Frühjahr die Kunstwerke aus, die die Abiturienten im Leistungsfach »Bildende Kunst» angefertigt haben.

Vanessa Drechsel (Martin Behaim Gymnasium), die den »Stehenden männlichen Akt» gemalt hat, hatte Glück: Sie fand einen Jüngling, der zu allem bereit war. Dieses Glück war Nina Gundacker (Wilhelm Löhe Gymnasium) nicht vergönnt. Ihr Musenbruder Michael stieg zwar bereitwillig in die Badewanne, doch die Perspektive des Vorbilds ließ genauere anatomische Studien nicht zu. Schließlich ist vom »Toten Marat» von David auch nicht viel mehr zu sehen.

Dafür unternahm Nina Gundacker eine kulturelle Raubtour durchs 19. Jahrhundert. Aus diversen Bildvorlagen (von Ingres, David, Böcklin, Feuerbach, Tischbein und Friedrich) des Klassizismus und der Romantik kombinierte sie eine Bildergeschichte, einen Comic aus 17 Bildern auf einer Leinwand.

Mit Ingres ins türkische Bad

Die Geschichte selbst ist schwer romantisch: Verkanntes Genie besäuft sich in der Badewanne (Marat), kriegt Visionen von der Toteninsel (Böcklin), aber auch von einer Göttin (Ingres), die ihn mit der Gabe der Musik segnet und ihm eine Band stiftet (wieder David). Ruhm und Ehre folgen, dazu Wein, Weib und Gesang (Ingres, Türkisches Bad) und schließlich der endgültige Absturz (Böcklin).

Toll! Und was will Nina werden? Will sie die Akademie stürmen? »Naja, mein Traumberuf ist Mediengestalter, aber Fachinformatiker wäre auch schön!»

Ähnlich vorsichtig blickt auch Julia Scherle in die Zukunft. Die Jahrgangsbeste des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums denkt an Kommunikationsdesign. Ob man mit Kunst Geld verdienen kann? Lieber auf Nummer Sicher gehen!

Dabei schöpft auch Julia Scherle in ihrem Triptychon »Bewegung» bei den modernen Klassikern aus dem Vollen, nämlich bei Kokoschka, Duchamp, Bracque und Delaunay. Allerdings in einer zwingenden, ganz und gar nicht epigonalen Malweise. Natur, Mensch und Technik bewegen sich in Wellengestalt, Schaukelbrett und Dampfkraft aufeinander zu, aneinander vorbei, mal zerstörerisch, mal konstruktiv, oder auch einfach nur als Spiel.

Es gibt ja nicht nur Malerei und Skulptur. Auch die Gebrauchskunst meldet sich zu Wort und beschreitet unübliche Wege. Wie zum Beispiel die Galerie der sündigen Damenhandtaschen. Theresa Vogeltanz (Wilhelm Löhe Gymnasium) hat analog zu den sieben Todsünden sieben sprechende Handtaschen gestaltet. So trägt der »Zorn» eine zerrissene und zerfledderte Tasche, wogegen die Tasche des »Geiz» vor Flicken und Stopflöchern wimmelt, die »Völlerei» aus allen Nähten platzt, die »Trägheit» eher schlaff wie ein Waschlappen am Nagel hängt, und die »Wollust» in schwarzer Spitze diverse weibliche Ausbuchtungen aufweist.

Und auch die Buchkunst feiert im Zeitalter des E-Book und der virtuellen Lektüre fröhliche Auferstehung in Pappe und Papier. Christina Meyer frönt mit »Metamorphosis – ein Buch in Bewegung» dem Pop-up-Buch und den hundert Jahre alten Pionierleistungen eines Lothar Meggendorfer. In ihrem Pop-Buch gibt der große Jimi Hendrix in Woodstock ein Konzert. Die Fransen am Gewand sind echt, über den Himmel zieht ein Regenbogen, und mit diversen Laschen an den Seiten kann der Bücherfreund einen Ballon über den Himmel fahren oder leibhaftige Noten aus den Verstärkern quellen lassen. Wenn da nicht der Glaskasten wäre, der das Buch vor neugierigem Zugriff an den Laschen in Schutz nimmt.

Anschauen ja, anfassen nein – »Voll gemein finde ich so etwas», schimpft eine junge Besucherin.

Dem können wir uns nur anschließen.

Bis 11. April im Schloss Almoshof. Geöffnet Mo.–Fr. 10–12 und 14–16.30 Uhr, Di. bis 18 Uhr, So. 14–17 Uhr. An Ostern ist nur sonntags geöffnet.

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