Roboter-Robbe soll Demenzkranken helfen

27.3.2009, 00:00 Uhr
Roboter-Robbe soll Demenzkranken helfen

© Karlheinz Daut

Sie hat weiches, kuscheliges Fell, schwarze Knopfaugen und kann fast so herzzerreißend heulen wie ein echtes Exemplar. Zieht man an ihren Barthaaren, schüttelt sie abwehrend den Kopf; streichelt man sie liebevoll, zeigt sie deutlich ihre Begeisterung. Und wer öfter mit ihr zu tun hat, wird gar an der Stimme wiedererkannt.

«Paro» heißt die elektronische Wunderrobbe, die dank jeder Menge Technik im Innern weit mehr ist als ein simples Plüschtier. Entwickelt wurde der Roboter von der Universität Tokio, in Japan sei die Robbe als therapeutisches Mittel schon weit verbreitet, sagt Andrea Tannert. Sie leitet das Maternus Pflege- und Therapiezentrum Wendhausen, eine von vier Einrichtungen der Cura Unternehmensgruppe, in denen «Paro» eingesetzt wird. Tannert ist ein erklärter Fan des elektronischen Spielgefährten, und das, so sagt sie, müsse man auch sein, wenn man erfolgreich mit dem Kunsttier arbeiten wolle. «Man kann nur das weitergeben, was man selbst mag.» Wichtig sei es, die Biografie der Bewohner zu kennen und zu wissen, ob sie etwa Vorbehalte gegenüber Tieren haben.

«Kein Futter, nur Strom»

Ist das nicht der Fall, habe die Robbe gegenüber lebendigen Hasen oder Hunden, die es in Wendhausen ebenfalls gibt, einige Vorteile, sagt Tannert. «Ein Hund bleibt nicht still sitzen, Paro schon.» Die Robbe sei pflegeleicht, brauche kein Futter, sondern nur Strom, sie beiße nicht, löse keine Tierhaarallergie aus - und «sie lässt sich einfach abstellen».

Die Demenzkranken reagieren laut Tannert sehr positiv auf den Roboter. Dass ihre Augen leuchten, sie auf das Plüschtier zugehen, womöglich gar mit ihm sprechen, all das sind für die Einrichtungsleiterin wichtige Hinweise für die Wirkung dieser speziellen Therapie. «Die Robbe holt die Bewohner für eine Weile aus ihrer eigenen Welt.» Sogar Patienten, die im Wachkoma liegen, reagierten auf Paro, sagt Tannert. «Wenn wir ihre Hand führen, spüren wir ihre Reaktion.» Wie wirksam die Robbe wirklich ist, soll jetzt eine Untersuchung der Universität Bremen klären.

Wieder den Laufpass gegeben

Vorerst jedenfalls polarisiert Paro. Angehörige hätten befürchtet, dass das Plüschtier menschliche Zuwendung ersetzen solle, sagt eine Heimleiterin, die der Robbe nach einer Testzeit wieder den Laufpass gab. Und Christine Ryba, die in Iphofen in der Tagespflege arbeitet, würde echte Tiere jederzeit vorziehen. «Die 2500 Euro kann man sinnvoller einsetzen.»

Paro solle kein Allheimittel sein, betont auch Tannert. Und die Arbeit mit ihr müsse ein Therapeut anleiten. Dann jedoch sei das Tier unwiderstehlich, findet die Expertin - und Paro zeigt zum Schluss, wie sie mit ihren langen Wimpern klimpern kann.