San Carlos profitiert von durchdachter Entwicklungsarbeit

30.7.2010, 00:00 Uhr
San Carlos profitiert von durchdachter Entwicklungsarbeit

© Aus dem Buch „Wenn die Straßen sprechen könnten“

Mit Josef Bergmann (62) führte wohl einer der besten Kenner der aktuellen Situation in San Carlos in die Diskussion ein; er gab einen kurzen Statusbericht, legte Ziele und Probleme, aber auch Errungenschaften der lokalen Entwicklungspolitik dar.

Bergmann selbst war 12 Jahre lang Bürgermeister in Langquaid in Niederbayern, suchte nach seiner Pensionierung und nach dem Tod seiner Frau eine neue Aufgabe, nach einem »sinnvollen und nachhaltigen Betätigungsfeld«, wie er selbst sagt. Mittlerweile wohnt er die meiste Zeit des Jahres selbst in San Carlos, hat dort seinen Lebensmittelpunkt gefunden.

Entwicklungshilfe – Entwicklungsarbeit. Die reine Hilfe, das Wort als verpönt angekündigt, soll Zusammenarbeit auf Augenhöhe sein, soll frei von paternalistischen Zügen sein. Mit Begrifflichkeiten möchte sich der langjährige Kommunalpolitiker Bergmann nicht aufhalten. Um Inhalte und vor allem Ziele gehe es ihm, müsse es gehen. Und so bevorzuge er den Begriff der Entwicklungspolitik.

Sauberes Wasser ist nicht selbstverständlich

Und deren Ziele – zuletzt festgelegt in den Millenniumszielen auf dem Millenniumsgipfel im Jahr 2000 in der 55. Generalversammlung der Vereinten Nationen – und vor allem deren tatsächlich Umsetzung stellte Bergmann einleitend vor. Als alles übergreifendes Ziel wurde die Halbierung der Armut in der Welt bis zum Jahr 2015 formuliert. Daneben sieben weitere Ziele: Primärschulbildung für alle, die Gleichstellung der Geschlechter und die Senkung der Kindersterblichkeit. Des Weiteren die Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Mütter, die Bekämpfung von HIV/AIDS und anderer schwerer Krankheiten. Die ökologische Nachhaltigkeit mit der Halbierung des Anteils der Menschen ohne dauerhaften Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser und letztlich der Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung.

Vor allem sei die Umsetzung dieser Ziele messbar, so Bergmann, als Bezugsjahr gelte 1990. »Man kann und muss also die eigene Regierung immer wieder dazu auffordern, diese Ziele auch umzusetzen.«

Doch wie ist es um Lateinamerika, um Nicaragua bestellt? Zunächst wirkten die Zahlen, die Bergmann nannte erleichternd. So hätten 1990 in Lateinamerika noch rund 60 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut gelebt, also mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag nach Kaufkraftparität. 1999 seien es noch 36 Prozent gewesen, 2005 sogar nur noch 16 Prozent. »Das aber ist vor allem dem Aufschwung in Brasilien und Argentinien zu verdanken«, so Bergmann. Nicaragua sei weiterhin das zweitärmste Land Lateinamerikas; 45 Prozent seiner Einwohner lebten von weniger als einem Dollar pro Tag, 80 Prozent von weniger als zwei. Daneben ist Nicaragua eines der am höchsten verschuldeten Länder der Erde; 33 Prozent der Staatsinvestitionen außenfinanziert.

»In San Carlos selbst sieht es so schlecht aber nicht aus«, musste Bergmann selbst feststellen. Die Zusammenarbeit komme an. Hier würden die Ziele der Entwicklungspolitik sichtbar umgesetzt. So habe sich die Stadt positiv verändert, es werde viel saniert, neu gebaut. Die neue Markthalle, mit der Zufahrtsstraße (von Nürnberg unterstützt), biete sichere Möglichkeiten des Handels, ermögliche ein größeres Angebot. Quequisque-Pflanzen wurden verteilt, Bauern in ihrem Umgang damit geschult, Tanks zur Lagerung der Bohnenernte installiert, genutzt in einer Kooperative. Schafe werden zu Zuchtzwecken und Milchproduktion verliehen. Grundschulförderung, ein neuer Kindergarten, ein allein durch Nürnberg finanziertes Jugendzentrum, Sportvereine – Bildung ist einer der wichtigsten Bestandteile jeglicher Hilfe zur Selbsthilfe. Im Bereich der Abwasserentsorgung wurden große Fortschritte erzielt, so ist eine von drei Pumpstationen fertig, für eine geregelte Abfallentsorgung ist gesorgt.

Probleme gebe es aber weiterhin, gerade auf dem medizinischen Sektor: Medikamente und Behandlungen seien oft unbezahlbar teuer, die von der Regierung proklamierten kostenlosen Medikamente oft Augenwischerei.

Auch bestünde in der Transparenz tatsächlicher Mittelverwendung Nachholbedarf; hier wären Ansprechpartner vor Ort eine große Hilfe. Zum Teil könne das zwar Bergmann übernehmen; eine Verbindungsperson – zumindest aller Städtepartner gemeinsam – wäre aber wünschenswert.

Weitere Informationen zu aktuellen Projekten finden Sie unter:

www.nica-nuernberg.de

international.nuernberg.de

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