Schon Hans Sachs schwärmte fürs Fechten

27.12.2008, 00:00 Uhr
Schon Hans Sachs schwärmte fürs Fechten

© Iannicelli

Die alte Kunst zu neuem Leben zu erwecken, hat sich der «Schwertbund Nurmberg» auf seine Fahne geschrieben. «Wir versuchen, das mittelalterliche Fechtsystem zu rekonstruieren und die Techniken von damals möglichst authentisch umzusetzen», sagt Werner Ueberschär, Übungsleiter des lockeren Zusammenschlusses von begeisterten Kampfkünstlern.

Wichtig ist gutes Körpergefühl

Dabei geht es nicht nur um das Fechten im heutigen Verständnis. «Das Wort ,fechten‘ ist eng verwandt mit dem englischen ,fight‘ und bezeichnete damals viele verschiedene Arten des Kämpfens», erklärt Guido Welk, der den Schwertbund 2005 mit Ueberschär ins Leben gerufen hat. Inspiriert wurden sie von Wolfgang Abart, der am Bildungszentrum Nürnberg Kurse über lebendige Schwertkunst anbietet. In ihrem wöchentlichen Training üben die rund 20 Fechtkünstler den Umgang mit dem langen Schwert, der Fechtfeder und dem Scheibendolch. Besonders wichtig ist ein gutes Körpergefühl.

«Man muss sich ganz auf das konzentrieren, was man tut», sagt Guido Welk, «für andere Gedanken bleibt wenig Platz.» Bei der Umsetzung der Techniken stützt sich der Schwertbund auf mittelalterliche Quellen. So zum Beispiel auf eines der bedeutsamsten erhaltenen Fechtbücher, die «Nürnberger Handschrift» von Johannes Lichtenauer, welche Merkverse zu den verschiedenen Techniken enthält.

Oder auf ein Skizzenbuch, das keinem Geringeren als Albrecht Dürer zugeschrieben wird. «Vermutlich fertigte er es um 1512 für Kaiser Maximilian I. an», erzählt Ueberschär. «Es enthält sozusagen Momentaufnahmen von bewaffneten und unbewaffneten Kampftechniken, wurde aber nie vollendet.»

Im Mittelalter diente der Umgang mit dem Schwert der Verteidigung: Auf dem Schlachtfeld kämpfte man gegen Feinde, aber auch im Alltag war die Klinge nützlich, um Räuber und Gesindel zu vertreiben. Mit der Zeit wurde das Fechten immer mehr zur Sportart. Grund dafür war ein Umbruch in der Gesellschaft.

Gelegen an der Kreuzung von wichtigen Handelswegen zwischen Norden und Süden, Osten und Westen wurde die freie Reichsstadt Nürnberg mit ihrem Handwerk, ihren Märkten und Messen um das Jahr 1500 zum Zentrum für Produktion und Handel. Die blühende Wirtschaft ließ einfache Handelsfamilien zu wohlhabenden Bürgern aufsteigen und verhalf ihnen zu mehr Selbstbewusstsein gegenüber dem Adel. Die alte Ständeordnung brach langsam auf. Das aufstrebende Bürgertum wollte nun auch – wie die oberste Schicht – prächtige Kleider und Schwerter tragen. Das Fechten wurde zum Vergnügen, mit Schauturnieren vertrieb man sich die Zeit. «Man kann das mit unseren sonntäglichen Fußballspielen vergleichen», sagt Bernd Matusche vom Schwertbund, dessen Begeisterung für das Fechten auf einem Mittelaltermarkt geweckt wurde.

Gelehrt wurde die Fechtkunst im alten Nürnberg abwechselnd im «Heilsbronner Hof», der sich unweit der Lorenzkirche befand, und im Hof des Wirtshauses «Goldener Stern». Eine Übungsstätte für den Umgang mit Blankwaffen befand sich in der Vorderen Katharinengasse.

1628 wurde auf der Insel Schütt ein Fechthaus errichtet, das einer Arena glich und auf drei Galerien rund 3000 Zuschauern Platz bot. Hier traten die Fechtgilden der Marxbrüder und der Federfechter zu Waffenübungen und Schaukämpfen gegeneinander an, die aber am Ende des Jahrhunderts oftmals in wirklich blutige Kämpfe übergingen und deshalb vom Stadtrat schließlich offiziell untersagt werden mussten.

Heute trainieren im «Schwertbund Nurmberg» Frauen und Männer unterschiedlichster Berufsgruppen zwischen 20 und 60 Jahren miteinander. «Es waren auch schon mal zwei Pfarrer bei uns», erzählt Welk, der im PR-Bereich arbeitet, «Sie haben historische Vorbilder: Das bekannte Fechtbuch ,Die Kunst des Messerfechtens‘ wurde damals von einem Pfarrer aus Herzogenaurach geschrieben.»

Grundsätzlich eigne sich der Fechtsport für jeden. «Man sollte einfach Spaß an der Sache haben, aber auch Verantwortungsbewusstsein mitbringen», sagt Welk, «Und manchmal kann es auch ein bisschen weh tun.» Verletzungen gab es beim Schwertbund aber noch nie.

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