Schon wieder ein Haus auf Sand gebaut

10.7.2012, 11:48 Uhr
Bei "Drecksau" gewinnt der Spieler, dessen Schweine sich so richtig schön eingesaut haben.

© Illustration: Alessa Flemming Bei "Drecksau" gewinnt der Spieler, dessen Schweine sich so richtig schön eingesaut haben.

Am Montagabend hatten das Deutsche Spielearchiv und der Ali Baba Spieleclub Nürnberg in das Spielzeugmuseum eingeladen, um die prämierten Titel und die meisten Spiele der Auswahlliste dieses traditionellen Preises (siehe auch Artikel unten) vorzustellen.

Dass die Mitstreiter wortwörtlich in die Wüste geschickt werden, ist bei diesem Legespiel in der Tat nichts Außergewöhnliches: Ziel ist es nämlich, die stattliche Anzahl von Häuschen, die jeder Teilnehmer am Anfang erhält, möglichst punkteträchtig in mehreren verschiedenen Landschaften zu platzieren.

Mit der Zeit wachsen so ganz beachtliche Siedlungen heran, die allerdings nur dann Chancen auf Erfolg versprechen, wenn man sie auf möglichst unterschiedlichen Geländearten und Spielplanabschnitten unterbringt. Das hört sich zuerst relativ simpel an, wird aber durch eine fiese Grundregel stark gebremst, nach der man, soweit möglich, immer an schon bestehenden Häuschen anlegen muss.

Der wichtigste Tipp für alle Möchtegern-Gewinner lautet deshalb: Beim Häuslebauen immer schon einige Schritte vorausdenken und vor allem die Funktion der Sonderzüge ausnützen, wann immer es geht.

Ansonsten ballen sich die eigenen Siedlungsgebiete zu einem zwar imposanten, aber weitgehend nutzlosen Klumpen zusammen, der einem in der Endabrechnung allenfalls die schon zitierte „Runde Mitleid“ einbringt.

Das starke Glückselement durch die zufällig gezogenen Geländekarten, die eher geringen Interaktionsmöglichkeiten und das Fehlen von Zwischenwertungen sind Punkte, die bei diesem Spieleabend im lauschigen Spielzeugmuseums-Innenhof auch für einige kritische Anmerkungen sorgten.

Vorzüge des prämierten Spiels sind dagegen die leicht zu erlernende Regel, der schnelle Spielverlauf und das variable Spielbrett. Ausgesprochene Vielspieler dürften sich anstatt vom „Königreich-Bauen“ aber mehr vom „Kennerspiel des Jahres“ angezogen fühlen, das den schlichten (und ebenfalls englischen) Namen „Village“ trägt (Verlag eggertspiele, Vertrieb über Pegasus). Offenbar fühlen sich die Spielekäufer nach Ansicht der Hersteller von deutschen Titeln nicht genügend angesprochen.

„Es geht darum, zu sterben“, fasst einer der kundigen Spieleerklärer von „Ali Baba“ am Anfang der Partie einen Grundgedanken dieses überaus komplexen Spieles zusammen. In Wirklichkeit handelt „Village“ nicht nur davon, „wie das Leben so spielt“ (so der Untertitel), sondern auch darum, wie es endet.

Wer hier um Einfluss, Güter und Siegpunkte kämpft, bezahlt nicht nur mit Rohstoffen und Geld, sondern auch mit Lebenszeit. Diese Währung sollte man aber nicht überstrapazieren, sonst landen die Mitglieder der eigenen Familie allzu rasch im Ahnenbuch und auf dem Dorffriedhof. In dem Moment, wenn der Gottesacker bis zum Rand gefüllt ist, endet auch das Spiel.

Dazwischen stehen schier unendlich viele Aktionsmöglichkeiten offen, die für einen vielschichtigen Wettkampf und beachtlichen Spielspaß sorgen, aber ebenfalls ein nicht unbeträchtliches Regelstudium voraussetzen. Deshalb sollte man bei den ersten Partien auf jeden Fall mindestens einen erfahrenen Dorfbewohner dabeihaben.

Nach so viel Komplexität steht einem der Sinn unbedingt nach Spielen, die in erster Linie Spaß machen. Hier erwiesen sich das Kartenspiel „Drecksau“ (Kosmos Spiele) und das Laufspiel „Kalimambo“ (Zoch) von der aktuellen Empfehlungsliste als echter Renner: Bei der Karten-Suhlerei von Kosmos gewinnt der Schweinebesitzer, dessen Viecher sich richtig schön eingesaut haben. Die bösen Mitspieler versuchen ihrerseits, mit Schrubber-Karten und Regenschauern für Reinlichkeit zu sorgen.

Bei „Kalimambo“ zieht eine Expedition durch den Urwald, in dem allerlei Gefahren lauern: ein wild gewordenes Nashorn, das hinterrücks angerauscht kommt, und riesige Haufen dampfender (sorry, aber so ist es nun mal) Elefantenkacke. Wer seine Schritte nicht sorgfältig plant, wird entweder vom Nashorn gerammt oder tritt in die Dickhäuter-Hinterlassenschaften. Ein fieses Stinktier, das die sorgfältig ausgeklügelten Strategien immer wieder durcheinanderbringt, sorgt noch für zusätzlichen Spielespaß.

Offen bleibt nur die Frage, weshalb sich der Zoch-Verlag nicht für den eigentlich naheliegenden Titel „Zicke Zacke Elefantenkacke“ entschieden hat.

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